BCA insider 01_2023

V E R S I C H E R U N G E N 3 4 1 2 3 (siehe Abb. 2). Die vier häufigsten Ausschlüsse bei Staaten sind Korruption, Verstöße gegen die Pressefreiheit, Nicht-Ratifizierung des Übereinkommens von Paris sowie Verhängung der Todesstrafe. Bei Unternehmen sind Waffen und Kohle die klaren „Favoriten“. Im Gegenzug spielen Ölsande, Korruption und Bestechung, Pornografie und Glücksspiel bei zwei von drei Versicherern keine Rolle. Außerdem bleibt festzuhalten, dass die Ausschlusskriterien gewöhnlich erst bei Überschreiten definierter Umsatztoleranzgrenzen tatsächlich greifen. „Im Vergleich zum Vorjahr beobachten wir bei den Versicherern einige Fortschritte. Aber wie sonst auch gibt es ESG-Pioniere, Mitläufer und Nachzügler“, konstatiert Geschäftsführer Michael Franke. „Selbst die beste nachhaltige Fondsauswahl können die Kunden von Direktversicherungen nicht vollumfänglich nutzen, da durch die zur Enthaftung der Arbeitgeber in den fondsbasierten Direktversicherungen enthaltenen Beitragsgarantien nur ein gewisser Anteil – je nach Alter, Laufzeit, Höhe der enthaltenen Beitragserhaltungsgarantie und Zins auf das Sicherungsguthaben – in die ausgewählten Fonds investiert werden kann, der Rest wird imSicherungsguthaben angelegt“, sagt Hans Seeliger. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Beratungsgesellschaft Seeliger & Co. GmbH bedauert deshalb, dass der Gesetzgeber, insbesondere bei der Entgeltumwandlung, nach wie vor den Arbeitgeber in die Erfüllungspflicht nimmt. „Abzüglich der Kosten steht damit in der Regel maximal die Hälfte der Beiträge für ein Investment in Nachhaltigkeitsfonds innerhalb des Vertrags zur Verfügung“, bestätigt Gottfried Baer, Gründer und Geschäftsführer der MehrWert GmbH, einem grünen Anbieter von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. Sein Fazit: „Deshalb kann die bAV nur dann richtig grün sein, wenn auch das Kapital im Sicherungsvermögen nachweislich nachhaltig angelegt ist.“ Grüne Transformation braucht Zeit Das Problem: Die meisten Lebensversicherer stecken mitten in der grünen Transformation ihrer Kapitalanlagen, da dies nur schrittweise möglich ist. Nachfragen bei einigen Lebensversicherern, die in diesem Bereich verstärkt unterwegs und teils bei den Nachhaltigkeitsexperten auf dem Schirm sind, offenbaren Unterschiede auch in Sachen Transparenz. „Als mittelständischer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit besitzt die LV 1871 ein Selbstverständnis bezüglich gesellschaftlicher Verantwortung: Oberste Priorität hat für uns die Erfüllung der Vorsorgeverpflichtungen für unsere Kunden und Mitglieder“, heißt es vonseiten des Versicherers. Mit Blick auf das Sicherungsvermögen wird lediglich betont, dass „die Umstellung neben der reinen Wirtschaftlichkeitsanalyse über die Berücksichtigung von ökologischen, sozialen sowie Kriterien der guten Unternehmensführung (sog. ESG-Kriterien) im Rahmen der Anlageentscheidungen und des Portfoliomanagements erfolgt“. Der Lebensversicherer bietet zusammen mit dem Nachhaltigkeitspionier Ökoworld die „Klimarente“ auch als Direktversicherung an, bei der die Beitragsanteile in fünf dunkelgrüne Investmentfonds der Gesellschaft investiert werden. Mit Unterstützungskasse, Pensionszusage und Direktversicherung offeriert die Stuttgarter ein umfassendes nachhaltiges bAV-Angebot. Ihre Direktrente gibt es in vier Ausprägungen mit unterschiedlichen Sicherheit-Risiko-Profilen. Beim Sicherungsvermögen der „GrüneRente“ greifen drei Nachhaltigkeitsansätze: Positivkriterien wie z. B. die Finanzierung oder Beteiligung an Erneuerbare-Energien-Projekten oder sozial genutzten Wohnungen, Negativkriterien ohne Verwendung von Toleranzgrenzen wie z. B. Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und Kinderarbeit sowie Investitionen in Unternehmen und Staaten, die ökologisch, sozial oder ethisch handeln. Den Anteil nachhaltiger Investments am Sicherungsvermögen gibt die Stuttgarter transparent mit knapp sieben Prozent an. „Für das Sicherungsvermögen der Alte Leipziger Lebensversicherung werden aktuell bei 75 Prozent ökologische und soziale Merkmale berücksichtigt“, sagt Dr. Jürgen Bierbaum, Vorstand des Lebensversicherers, und ergänzt: „Das heißt: Für diese 75 Prozent halten wir verpf lichtende Kriterien ein, die in unserer Nachhaltigkeitsstrategie für die Kapitalanlage festgelegt sind.“ Der Mix aus Ausschluss-, Positiv- und ESG-Kriterien bezieht sich auf liquide Anlagen wie Aktien und Anleihen, heißt es. Investitionen in Infrastrukturprojekte, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien, werden noch nicht berücksichtigt, da diese nur indirekt erworben werden. Das Nachhaltigkeitskonzept „VisionGrün“ gilt dabei nicht nur für die Direktversicherung, sondern auch für die U-Kasse und Direktzusage der Alte Leipziger. Und der Marktführer? „Unsere Stärke ist unsere Größe und damit unser Einfluss als Investor, den wir für eine wirkliche Veränderung in der Realwirtschaft einsetzen und nicht nur, um ein Portfolio zu transformieren“, heißt es vonseiten der Allianz © Romolo Tavani – stock.adobe.com

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