BCA insider 04/2022

R U N D U M K A P I T A L A N L A G E N A S S E T S & I N V E S T M E N T S 2 9 gen oder Produkte nicht nachgefragt, muss der Preis sinken. Ist die ProduktionzumreduziertenPreisnicht darstellbar, werden am Anfang des Produktionsprozesses dessen Rohstoffe nicht mehr benötigt. Die Rohstoffpreise fallen. Noch fangen viele Arten von Wahlgeschenken, Hilfs- und Entlastungspaketen bzw. Konjunkturprogrammen weltweit einen Teil der Kaufkraftverluste der Konsumenten ab. Die Perspektiven auf den Arbeitsmärkten haben sich nur in Teilbereichen abgekühlt. Warum also sollte die Inflationsrate sinken? Wie sieht die Situation konkret aus? Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die für sinkende Inflation sprechen: In den USA könnten sich nach den Zwischenwahlen im November inflationsmindernde Effekte ergeben. Für die konsumfreudigen Amerikaner gab es finanzielle Hilfen zuletzt fast in Serie. Letztes Beispiel: Die US-Bundesstaaten spendierten in den letzten Monaten Wahlgeschenke von durchschnittlich 430 US-Dollar pro Haushalt. Vorläufig letzte Wahlen stehen im November an. Bleiben Finanzspritzen danach aus, könnte das Konsumklima in den USA ins Negative drehen. Eine dann geringere Nachfrage wirkt inflationsmindernd. Nach den bereits erfolgten Zinserhöhungen geht das Wirtschaftswachstum zurück. Rohstoffpreise fallen nach Höchstständen im ersten Quartal 2022 in der Breite (siehe Abb. 2). Lediglich Nickel, das für die Batterien von Elektroautos wichtig ist, könnte die Tiefpunkte hinter sich gelassen haben. Auch die Agrarrohstoffe haben die Höchstpreise aus dem ersten Quartal hinter sich gelassen. Allerdings sind hier Stabilisierungs- und Aufwärtstrends zu erkennen (siehe Abb. 3). Ob und wann die Rückgänge in Form einer geringeren Inflation beim Verbraucher ankommen, ist indes unklar. Die Attraktivität verschiedener Geldanlagen hat sich durch die Zinserhöhungen in den westlichen Staaten schlagartig verändert. Die Geldvernichtung durch Kursverluste bei Festverzinslichen und Aktien ist immens. Das entzieht Kaufkraft. Gleichzeitig sinken Einnahmen aus der Besteuerung der Kursgewinne. Der Spielraum für die Finanzierung von staatlichen Wohltaten nimmt ab: Argumente für sinkende Inflation. Inflationsperspektiven In Europa dominieren aktuelle Kriegsfolgen wichtige Komponenten des Verbraucherpreisindex. Die Energiepreise sind rasant gestiegen. Dass es bis zum Ende des Winters 2022/23 zu einer zügig rückläufigen Preissteigerungsrate kommt, ist unwahrscheinlich. Erst gegen Ende des kalendarischen Winters am 30. März 2023 könnte sich – bedingt durch den Basiseffekt der Zwölfmonatsberechnung – eine Entspannung abzeichnen. Ökonomen sind sich uneins über das Ausmaß des Abschwungs und die Entwicklung der Preise. Auf schnell sinkende Preise setzt das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung: Der kräftige Anstieg der Gaspreise und seine Auswirkungen auf die Produktionsketten werde die Inflationsraten wohl bis zum Ende des Jahres anziehen lassen. Mit dem Ende der Heizperiode dürfte der Rückgang der Nachfrage dann für eine gewisse Entlastung sorgen. Zudem dürfte die sich abschwächende Konjunktur den Preisauftrieb dämpfen. Das RWI rechnet für 2023 mit einem Abschwächen der Inflationsrate auf 3,5 Prozent, für 2024 gar auf 1,6 Prozent. Das Kieler Institut für Wirtschaftsforschung (IfW) schätzt die Lage anders ein: Es erwartet zunächst einen Anstieg der aktuellen Inflationsrate für 2023 auf 8,7 Prozent. 2024 fiele sie auf 3,1 Prozent zurück. Ähnlich positioniert sich das ifo Institut: 2023 soll die Inflationsrate sogar auf 9,3 Prozent steigen, 2024 auf einen Wert von 2,4 Prozent fallen. Die Bundesbank erwartet den Höhepunkt der Inflation im Dezember dieses Jahres mit etwa 10 Prozent. Für 2023 schätzt sie einen Rückgang auf 4,5 Prozent, für 2024 auf 2,6 Prozent. Fazit Die Inflation bleibt im Winter hoch. Nähert sich das Ende der Heizperiode, könnten die Preise mit mehr oder weniger Verzögerung rapide sinken. Rolf Krahe Investment Research BfV Bank für Vermögen AG E-Mail: Rolf.Krahe@BFV-AG.de Telefon: +49 61 71 91 50-536 Abbildung 3: Preisverfall bei wichtigen Agrarrohstoffen Quelle: https://www.boerse-frankfurt.de/rohstoffe © carballo – stock.adobe.com

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