BCA insider 04/2022

R U N D U M K A P I T A L A N L A G E N A S S E T S & I N V E S T M E N T S 2 8 WIE BEWEGT SICH DIE INFLATION? Das Städtchen Jackson Hole liegt im US-Bundesstaat Wyoming und ist seit Anfang der 1980er-Jahre einmal im Jahr ein zentraler Treffpunkt für Geldpolitiker von allen Kontinenten, Top-Ökonomen, Regierungsvertretern, Finanzmarktexperten und ausgewählten Medienvertretern. So auch jüngst: Der Fokus lag auf dem Thema „Kampf gegen eine hohe Inflation“. Die Rede von Jerome Powell, dem Chef der US-Notenbank Fed, war mit Spannung erwartet worden. Heftigste Kritik an der Fed hatte es im Vorfeld gegeben: Sie habe das Lagebild zur Inflation zugleich falsch analysiert, prognostiziert und kommuniziert, lautete etwa der Rundumschlag von US-Star-Ökonom Mohamed ElErian. So waren in den letzten Monaten vermehrt Spekulationen über den weiteren Fed-Kurs aufgekommen. Zinsoptimisten spekulierten auf eine langsame Gangart von Powell. Zinspessimisten hingegen fragten: „Wird Jerome Powell der nächste Paul Volcker“? Mit dem sog. „Volcker Schock“ hatte der Fed-Chef Anfang der 1980er-Jahre geldpolitische Geschichte geschrieben. So hob er den Leitzins, die Federal Funds Rate, auf genau 22 Prozent an. Die Kernrate der US-Inflation lag zuvor gleichauf mit der Rendite der zehnjährigen USStaatsanleihen bei 15,8 Prozent. In Jackson Hole brauchte Powell nur achtMinuten,umfürKlarheitzusorgen. Seine Kernaussage: Die Inflations- bekämpfung werde „Schmerzen für Private und Unternehmen“ verursachen. Damit bekräftigte er, dass die US-Notenbank trotz der zu verzeichnenden Rezession die Zinsen weiter deutlich anheben und wahrscheinlich noch eine Weile auf einem hohen Niveau belassen wird. Die Inflationsbekämpfung habe Priorität vor dem Wirtschaftswachstum. Inflations- und Zinsdaten aus den Achtzigern zueinander in Beziehung gesetzt, ergibt, dass der Leitzins rund 39 Prozent über der Kerninflationsrate lag. Heute würde das bei einer US-Kerninflationsrate von 6,3 Prozent einem Leitzins von 8,57 Prozent entsprechen. Die letzte Leitzinserhöhung der Fed am 21. September 2022 lag mit 0,75 Prozent im Rahmen der gestiegenen Erwartungen. Weitere Zinserhöhungen werden bis weit in das nächste Jahr erwartet (siehe Abb. 1). Wie soll die Geldpolitik wirken? Die Instrumente der Notenbankpolitik entfalten auf dem Immobilien- und Arbeitsmarkt Wirkung. Schränkt man durch höhere Zinsen die Bautätigkeit ein, sinkt die Nachfrage gleich bei einer Vielzahl von Dienstleistungen, Produkten und Rohstoffen. Das ist sehr effektiv. Neue Investitionen von Unternehmen rentieren sich bei gestiegenen Zinsen möglicherweise nicht mehr. Geschäftsmodelle, die stark auf Fremdfinanzierung basieren, stehen vor existenziellen Fragen. Das kann Arbeitsplätze kosten. Weniger Einkommen bedeutet eine geringere Nachfrage. Werden DienstleistunAbbildung 1: Höhe der US-Leitzinsen seit 2006 Quelle: https://fred.stlouisfed.org/graph/?g=N1h4#0 0 % 1 % 2 % 3 % 4 % 5 % 6 % Abbildung 2: Preisverfall bei wichtigen Industrierohstoffen Quelle: https://www.boerse-frankfurt.de/rohstoffe

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