BCA insider 04/2022

1 6 R U N D U M L E I T T H E M E N H E A D L I N E S & I N S I G H T S AUF DER ZINSWELLE Was für eine Stabilisierung der Märkte noch fehlt Global erhöhen die Notenbanken aggressiv ihre Leitzinsen. Die Inflation bleibt vielerorts aber hartnäckig hoch. Die Konjunktur dreht dagegen bereits nach Süden. Drastische Auswirkungen der Zinswelle zeigen sich am Kapitalmarkt. Aktien und Anleihen korrigieren heftig und parallel, sichere Häfen sind rar. Und über den Devisenmarkt übertragen und verstärken sich die Impulse der Notenbanken und stellen viele Regionen vor große Herausforderungen. Ein Abebben der Zinswelle ist eine notwendige Bedingung für die Wende am Finanzmarkt. Daneben sind das makroökonomische Bild, die Gewinnaussichten und die Stimmung der Investoren entscheidend. Soft Landing in den USA, Rezession in Europa Auf konjunktureller Seite hat sich der Ausblick in den vergangenen Monaten deutlich eingetrübt. Pessimistisch sind wir für Konjunktur und Inflation in Europa. Denn die Probleme auf der Angebotsseite – insbesondere die Kostenexplosion bei Energie und die Engpässe bei Vorprodukten – bleiben hoch bzw. haben sich weiter verschärft. Mehr und mehr Unternehmen fahren mit Blick auf die fehlende Rentabilität bereits ihre Produktion zurück. Gleichzeitig erodieren das verfügbare reale Einkommen und die Ersparnisse der Haushalte in enormem Tempo. Und die hohe Importabhängigkeit bei Energie und die hohen Preise sowie die nachlassende globale Nachfrage drücken die Handelsbilanz tief in den roten Bereich. Zentrale Säulen der Nachfrage fallen weg. In den USA erweist sich die Nachfrage dagegen als etwas robuster und auf der Angebotsseite ist eine leichte Entspannung zu sehen, auf den Gütermärkten wie auch am Arbeitsmarkt. Ein Soft Landing der USKonjunktur ist deshalb nach wie vor möglich, auch wenn die Fed ihren Straffungskurs entschieden fortsetzt und damit das Risiko einer Rezession erhöht. Nachdem die Wirtschaft bereits im ersten Halbjahr an Tempo verloren hat, gehen wir auch für die kommenden Quartale im Mittel von einer Stagnation der Wirtschaftsleistung aus, gefolgt von einer Erholung ab Mitte 2023. Auch angesichts stärkerer Investitionen in den Kapitalstock sollte das Wachstumstempo in den Folgejahren wieder höher ausfallen als in Europa. Unterstützung für die globale Wirtschaft sollten weitere Konjunkturprogramme der chinesischen Regierung bringen, die im Umfeld des Parteikongresses ab dem 16. Oktober beschlossen werden dürften. Der Abwärtsdruck von externer Seite könnte Richtung Jahreswechsel deshalb etwas abnehmen. Preisauftrieb ebbt in den USA ab und legt in Europa weiter zu Das divergierende Bild zwischen den USA und Europa zeigt sich auch mit Blick auf die Inflationsentwicklung. Auch hier wird die Lage in Europa noch unterschätzt. Der Preisauftrieb wird über das Jahresende sehr hoch bleiben. Im ersten Quartal droht ein weiterer Inflationssprung, wenn die Energieproduzenten die enorm gestiegenen Beschaffungs- und Produktionskosten von Gas und Strom voll an die Verbraucher weitergeben. Staatliche Entlastungsmaßnahmen können diesen Effekt nur etwas dämpfen. Ein nachhaltiger Rückgang der Teuerung ist erst im Sommerhalbjahr zu erwarten, wenn der Druck vonseiten der Energiepreise nachlässt. In den USA hat die Inflation dagegen wohl ihren Gipfel erreicht und dürfte in den kommenden Monaten schrittweise sinken. Die Unterschätzung der Preisdynamik seit Mitte 2021 und die divergierenden Signale der wichtigsten Kostentreiber mahnen allerdings zur Vorsicht. Positiv ist, dass die Energiepreise bereits deutlich nachgegeben haben. Und auch im Bereich der Güter sinkt der Preisdruck, da eine gestiegene Lagerhaltung und die Normalisierung des Konsumverhaltens das bisherige Globale Nachfrage schwächelt Globaler Warenhandel, Veränderung zum Vorjahr in Prozent Quelle: Refinitiv, Eyb & Wallwitz,September 2022

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