BCA insider 01_2023

2 9 K A P I T A L A N L A G E N 2023: Herausforderungen mit Lichtblicken Wie geht es im Jahr 2023 weiter? Die Prognosen sind uneinheitlich. Während einige Forschungsinstitute eine Rezession oder gar Stagflation heraufbeschwören, sehen andere die Lage weniger kritisch. Zwar ist das deutsche BIP im vierten Quartal 2022 um 0,2 Prozent gesunken, aber es sind eben nur 0,2 Prozent. Angesichts der globalen Herausforderungen kann man das durchaus positiv sehen. Was sind die Herausforderungen in diesem Jahr? Erstens: Nationale Interessen scheinen auf dem Vormarsch zu sein. Angesichts der komplexen Situation könnten Staaten zu protektionistischen Maßnahmen neigen oder eine Art „Deglobalisierung“ einleiten. Das bedeutet, dass Produktionskapazitäten wieder „nach Hause“ geholt werden und die eigenen Interessen auf dem Weltmarkt über die Interessen der Gemeinschaft gestellt werden. Das zeigt sich sehr gut am Thema Rohstoffe: Die durch Sanktionen und Gegensanktionen ausgelöste Energiekrise ist zwar weniger ausgeprägt als befürchtet. Dennoch bleibt der Energiesektor auch in diesem Jahr eine Herausforderung. Denn alternative Gasquellen sind teurer als russisches Gas. Einzelne Staaten sehen sich hier in der Pflicht, ihre aufgebrauchten strategischen Rohstoffreserven wieder aufzufüllen. So verfügen die USA über Ölreserven für vier Jahre. Im Jahr 2022 erfolgte jedoch ein Ausverkauf, um der Inflation entgegenzuwirken, sodass die aktuellen Reserven nur noch für 2,4 Jahre ausreichen. China steht vor einem ähnlichen Problem. Das Land ist zu 80 Prozent von Ölimporten abhängig. Bei einigen Industriemetallen sind es sogar 90 Prozent. Will es seine wirtschaftliche Unabhängigkeit und gleichzeitig seine politischen Ziele erreichen, muss es seine Rohstoffreserven schnell und deutlich erhöhen. Die Folge: Insgesamt könnte der Kampf um Rohstoffe inflationäre Tendenzen weiter anheizen. Und wenn wir von Protektionismus und nationalem Egoismus sprechen, dann muss der Blick wieder einmal in die USA gehen. Die Regierung hat den „Inflation Reduction Act“ verabschiedet, der Unternehmen Anreize bieten soll, ihre Produktion (wieder) in die USA zu verlagern. Das 369 Mrd. US-Dollar schwere Paket soll die Inflation senken und den Klimaschutz fördern. De facto ist es aber nichts anderes als ein Geschenk an die Unternehmen – sofern sie ihre Produktion in die USA verlagern. Ob eine Senkung der Inflation die Folge sein wird, darf bezweifelt werden. Sicher ist jedoch, dass ein Konflikt mit der EU sehr wahrscheinlich wird. Ein weiterer Risikofaktor für 2023 sind die geopolitischen Risiken. Neben dem Krieg in der Ukraine steigt auch die Gefahr einer militärischen Eskalation im asiatisch-pazifischen Raum. Während China auf einer Wiedervereinigung mit Taiwan besteht, werden die militärischen Bündnisse zwischen Japan, Australien und den USA auf eine neue Ebene gehoben. Gleichzeitig verschärfen die USA ihre Handelsrestriktionen gegenüber China. Dennoch: Auch wenn die Risiken für 2023 bestehen, sind die Aussichten insgesamt weniger düster als beispielsweise noch Mitte 2022 prognostiziert. Die Volkswirtschaften sind stark genug, um die externen Schocks vielleicht nicht in den ersten beiden Quartalen, aber in der zweiten Jahreshälfte zu verkraften. Und auch der Ausblick für die Leitzinsen ist vielversprechend: Da bereits erste Tendenzen eines Inflationsrückgangs erkennbar sind, erscheint ein Ende der Zinserhöhungen vielen Researchinstituten durchaus plausibel. Fazit Für Anleger ergeben sich auch 2023 Chancen. Themen wie Rohstoffe und Energie werden auch in diesem Jahr im Fokus stehen. Auch Aktien bleiben eine attraktive Anlageklasse. Technologiewerte haben zwar unter den Zinserhöhungen gelitten. Qualitätswerte mit einer starken Machtposition sowie innovative Unternehmen werden aber weiterhin die Nase vorn haben. Und mit den steigenden Zinsen rücken auch Anleihen wieder in den Fokus. Nachdem sie in den letzten Jahren kaum eine Rolle gespielt haben, sind sie nun wieder gefragt. Im Rahmen einer strategischen Portfoliooptimierung können Anleihen wieder die Rolle eines Risikoglätters übernehmen. Hinzu kommen Themen, die trotz Krisen eine gewisse Resistenz zeigen. Dies können z. B. alternative Fondsstrategien sein, die eine gewisse Marktunabhängigkeit mit sich bringen. Dazu gehören auch Volatilitätsstrategien, die in der aktuellen Marktphase einen Mehrwert liefern können. Auch das Thema „erneuerbare Energien“ zeigt sich von einer attraktiven Seite. In einem Umfeld, in dem gerade die klassischen Energieträger zur Inflation beitragen, werden alternative Energietechnologien an den Börsen hoch gehandelt. Insgesamt empfiehlt sich für 2023 ein ausgewogenes, qualitätsorientiertes und breit diversifiziertes Anlageportfolio mit aufeinander abgestimmten Komponenten. Sasa Perovic Investment Research BfV Bank für Vermögen AG E-Mail: Sasa.Perovic@bfv-ag.de Telefon: +49 6171 9150-523 © New Africa – stock.adobe.com

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