BCA insider 04/2022

R U N D U M B E R A T U N G M A R K E T I N G & T E C H N O L O G Y : Welche Mannschaften gehören Ihrer Meinung nach zu den Favoriten? Töpperwien: Das werden die üblichen Verdächtigen sein, also Frankreich, Spanien, Argentinien und Brasilien. Belgien und England sollte man im Hinterkopf behalten – aber bisher haben diese Länder dann doch immer im entscheidenden Spiel versagt. : Und für welche Teams schlägt Ihr Herz neben Deutschland? Töpperwien: Zunächst liebe ich das Spiel. Mein Herz schlägt für niemanden, aber ich erkenne Leistung an. Wenn die Spanier uns also bei der WM vorführen und toll spielen, dann sag ich „klasse – das haben die sich verdient“. Ich habe meine journalistische Neutralität und die Wertschätzung für guten Fußball ja nicht mit meiner Pensionierung an der ZDF-Garderobe abgegeben. Ansonsten halte ich natürlich für die sog. Kleinen. Es ist doch für den Sport klasse, wenn Länder wie Wales oder Dänemark mitsamt ihren tollen Fans für Begeisterung sorgen. : Wenn Sie einmal einen Blick auf die vergangenen Weltmeisterschaften werfen: Welche Spiele waren für Sie die besten? Töpperwien: Fangen wir bei den Spielern an: Einen, den ich bei der WM leider nicht selbst erleben durfte, war Pelé – ein großartiger Fußballer. Ein weiterer Weltklassespieler war Diego Armando Maradona. Ihn habe ich live im Aztekenstadion vor 110.000 Zuschauern bei brütender Hitze bei der WM 1986 im Endspiel gegen Deutschland gesehen. Ich war damals mit Michael Palme sieben Wochen für die Storys aus dem Lager der deutschen Nationalmannschaft in Querétaro verantwortlich. Eine tolle WM inkl. Uli Steins Suppenkasper-Zitat und Hans-Peter Briegels verzweifeltem Versuch, Jorge Burruchaga beim 3:2 für Argentinien im Endspiel einzuholen. : Und welche Tore waren für Sie besondere Highlights? Töpperwien: Das wichtigste war sicherlich der 3:2-Siegtreffer von Helmut Rahn im WM-Finale 1954 gegen Ungarn. Besonders schön und ebenso wichtig waren die Vorlage von Andre Schürrle und der Treffer von Mario Götze zum 1:0 beim WM-Finale 2014 gegen Argentinien. : Beim vorherigen Titelgewinn 1990 in Italien waren Sie als Journalist vor Ort und konnten den Erfolg begleiten. Was ist Ihnen von dem Turnier besonders in Erinnerung geblieben? Töpperwien: Nebst Turniersieg und „Kaiser-Krönung“ bleibt die Geschichte mit Andi Brehme auf demRückflug in Erinnerung. So ging es nach dem Finalsieg für das Team der Deutschen am folgenden Tag mit der deutschen Regierungsmaschine aus Rom nach Frankfurt. Im Flieger waren auch wenige ausgewählte Journalisten. Die durchzechte Nacht im Mannschaftsquartier zeigte ihre Auswirkungen und es herrschte keine Partystimmung an Bord. Plötzlich schallte eine Durchsage durch das Flugzeug. Ich wurde ins Cockpit gerufen. Es folgte großes Gelächter im Flieger. Der Flugoffizier reichte mir ein Funkgerät mit den Worten: „Ein Anruf für Sie. Ihr Sender.“ Es war Magdalena Müller, die den Sport für das „mittagsmagazin“ moderierte. Sie fragte mich, ob sie nicht live ein Interview mit einem der Weltmeister führen könne. Ich ging zurück in den Flieger, in Reihe 6 lag sichtlich übernächtigt Andreas Brehme, unser WM-Torschütze des Finales. Ich sagte zu Andi, er möge zum kurzen Interview mal schnell mit ins Cockpit kommen. Er stimmte leicht benommen zu. Also wurde es gemacht. Inhaltlich verdient das Interview die Note 5; aber dennoch war es absolut legendär – heute wäre so etwas undenkbar. Aber damals ging das. : Ihr ehemaliger Sportjournalist-Kollege Béla Réthy sagte einst anlässlich Ihres Abschieds von der großen Fußballbühne: „Da geht der letzte Mohikaner.“ Mehr denn je bestimmen heute Lizenzen und die Macht der Vereine die Regeln. Reporter Ihres Schlages gibt es nicht mehr: Denken Sie, dass Ihre offene, emotionale Art auch heute beim Publikum ankommen würde? Töpperwien: Selbstverständlich! Es braucht hierzu aber Reporterinnen und Reporter, die in der Lage sind, mit flammender Leidenschaft anstatt kühler Distanz das Interview zu führen. Zudemwünsche ich mir mehr Herz, Emotionalität, Begeisterung mit Fachwissen und Durchsetzungskraft. Nur ganz wenige Sportjournalistinnen und -journalisten bringen heutzutage diese Eigenschaften mit. Eigentlich schade. Töppis Top-3-Fußballstadien in seiner Laufbahn 1 Aztekenstadion (Estadio Azteca), Mexiko Stadt 2 Wembley-Stadion, London 3 Fritz-Walter-Stadion, Kaiserslautern und Izmir-Atatürk-Stadion, Izmir Freundschaftlich verbunden: Der BCA-Vorstandsvorsitzende Rolf Schünemann und die ZDF-Reporter Legende Rolf Töpperwien

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