BCA insider 04/2022

R U N D U M V E R S I C H E R U N G E N S A F E T Y & P R E V E N T I O N 4 6 Neuabschlüssen an den Honorarberatern in UK vorbeigeht: Der Zuwachs im Neugeschäft bei „personal pensions“ entfällt in absoluten Zahlen fast ausschließlich auf „nonadvised sales“, im Beratungssegment ist das Neugeschäft in absoluten Zahlen sogar rückläufig. Dass dies langfristig zielführend ist, bezweifeln wir nachhaltig. Vielmehr widerlegt es klar die These, dass sich Anlegerschutz oder Beratungsqualität durch Einführung eines Provisionsverbotes für die Gesamtbevölkerung verbessern würden! Die Gründe für diese messbaren Fehlentwicklungen sind eine direkte Folge des Provisionsverbots und die damit einhergehenden Verwerfungen auf dem Beratermarkt in UK. Schlecht für Verbraucher: Der Markt für Beratung in UK ist wettbewerbsschwach Auch die Evaluierung der Finanzmarktreform und des Provisionsverbots in UK durch die FCA unter dem Titel „Evaluation of the impact of the Retail Distribution Review and the Financial Advice Market Review“ belegt Nachteile für die Verbraucher: Der Markt für Beratung in UK ist wettbewerbsschwach. Es gibt formale und faktische Mindestanlagegrenzen für den Zugang zur Beratung. Die vermeintlichen Hoffnungsträger Robo-Advisors sind nur Nischenthema. Es liegt eine geringe Zahlungsbereitschaft bei Honoraren vor bzw. ein Missverhältnis von Zahlungsbereitschaft und marktüblichen Honoraren. Die „echte“ Honorarberatungsquote ist auf einem neuen Tiefststand Auch die Daten zum sogenannten „retail intermediary market 2021“ zeigen zumwiederholtenMal, dass sich durch das Provisionsverbot in UK keine reine Honorarberatung entwickelt. Wie in den Vorjahren ergibt die Auswertung der Beratereinnahmen je nach Vergütungsmodell, dass der Anteil der laufenden Fees („ongoing“) einen neuen Spitzenwert erklimmt, nämlich 75 Prozent (2020: 74 Prozent; 2019: 70 Prozent ). Das bedeutet, dass die Haupteinnahmequelle von Beratern in UK nicht abschlussunabhängige Honorare für eine Beratung sind, sondern (inzwischen) mit großem Abstand laufende Servicegebühren, also quasi eine „Honorarberatung light“ im Vergleich zu einer umfassenden Beratung gegen Honorar. Zwar partizipieren Berater dadurch vom Anlageerfolg ihrer Kunden, aber eben auch, wenn diese größere Summen investieren, worauf die FCA explizit hinweist. Daran ist nichts Verwerfliches. Auch Honorarberater sind angesichts des immer weiter steigenden regulatorischen Aufwands auf langfristige Kundenbeziehungen angewiesen und können nicht vom Stundenhonorar der Laufkundschaft leben, die keine Abschlüsse tätigt. Zu den aktuellen Zahlen: 61 Prozent der Beraterfirmen rechnen bei laufenden Fees prozentual zwischen 0,5 und ein Prozent bezogen auf das Anlagevolumen ab, zehn Prozent haben ein Kombimodell und 15 Prozent haben pauschale Sätze. Nur zwischen 14 und 15 Prozent der Beraterfirmen rechnen – „ongoing“ oder „upfront“ – nach Stundensätzen ab, Tendenz gegenüber dem Vorjahr weiter fallend. Der Honoraranteil (nach Stunden) dürfte bei maximal 15 Prozent liegen. Der Löwenanteil der Beratereinnahmen in UK sind laufende Vergütungen, die an das Anlagevolumen gekoppelt sind. Dieses unterscheidet sich also kaum von einem Provisionssystem. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der jüngsten Berichte und Schlussfolgerung Durch das Provisionsverbot ist die Beratungsquote bei Investmentfonds, BondsundAltersvorsorgeproduktenkontinuierlich gesunken. Mindestanlagegrenzen erschweren den Zugang zur Beratung bzw. machen ihn für weite Bevölkerungsteile unmöglich. Es entsteht eine dramatische Beratungslücke für die meisten Verbraucher. Durch das Provisionsverbot entwickelte sich keine reine Honorarberatung in UK. Trotz der erstklassigen Aufbereitung der Daten durch die britische Aufsicht lesen Verbraucher und Politiker in Publikumsmedien und bei sogenannten Verbraucherschützern wie dem vzbv wenig bis gar nichts über solche Fehlentwicklungen, obwohl sie handfest empirisch belegt sind. Warum eigentlich nicht? Müssten Verbraucherschützer, die im öffentlichen Auftrag agieren und maßgeblich staatlich finanziert sind, nicht ein objektives und ausgewogenes Bild liefern? Für die Erkenntnis, dass das Nebeneinander von Provisions- und Honorarberatung das viel intelligentere Modell ist, sollten endlich die ideologischen Scheuklappen abgenommen werden. Erwin Hausen Chefredakteur versicherungstip kapital-markt intern Verlag GmbH E-Mail: vt@kmi-verlag.de Telefon: +49 2602 9191 644 Abbildung 3: Personal Pensions 2021 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %

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