insider_03_2021

Die Reaktionen in UK waren entsprechend kritisch Der britische Versicherer-Verband Association of British Insu- rers (ABI) fordert „eine Reform der Reform“: „Da 72 Prozent der Menschen nicht in der Lage sind, für Finanzberatung zu bezahlen, und die Mehrheit der Menschen nur einmalige Be- ratung wünscht, muss die FCA die Änderungen vorantreiben, die der Beratungsmarkt benötigt. Der gesetzliche Rahmen für Beratung muss angepasst werden, um Kunden in die Lage zu versetzen, eine einfachere und erschwinglichere Beratung zu erhalten, die mehr Hilfe bietet.“ Der britische „Financial Services Professional“ und Finanz- Blogger Clive Shelton analysierte den Evaluierungsbericht im Februar 2021 zudem im Hinblick auf den Beratermarkt. „Für alle, die daran interessiert sind, die Massen (nicht nur vermö- gende Privatkunden) zum Sparen und Investieren zu ermuti- gen“, so Shelton, sei die Lektüre des Evaluierungsberichts „ein Muss“ und „schockierend“ zugleich: „Angesichts der meisten Maßnahmen der FCA in Bezug auf Zugang, Erschwinglichkeit und Qualität des Dienstleistungsspektrums sind diese Schlüs- selelemente der Regulierung ein schockierender Misserfolg. Die Umfrage der FCA zeigt, dass Verbesserungen bislang bestenfalls marginal sind. Auf der Nachfrageseite stehen 52 Mio. Erwachsene in Großbritannien. Die Zahl der Verbraucher, die Rat (advice or guidance) erhalten und verschiedene Kanä- le nutzen, ist bedauerlich. Nur acht Prozent (4,1 Mio.) hatten in den letzten zwölf Monaten Zugang zu Finanzberatung, wäh- rend 68 Prozent (36 Mio.) überhaupt keine Beratung (advice or guidance) erhielten.“ Um auch nur die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung zu er- reichen und die FCA-Ambitionen in Bezug auf Verbraucher zu verwirklichen, so der Experte und ehemalige leitende Mit- arbeiter der Bank of England, Shelton, weiter, „müsste jeder derzeitige Finanzberater mindestens 1.000 Erwachsene be- treuen und jedes Unternehmen müsste über 50.000 Kunden haben. Um den Wettbewerb zu erhöhen und den Wunsch, Dienstleistungen für einen breiteren Anlegerkreis bereitzu- stellen, muss man die Anzahl der Berater und Planer erhöhen (…) Die FCA muss darüber nachdenken, was getan werden kann, um diesen Mangel an Fachleuten in der Industrie zu be- heben.“ Das Provisionsverbot hat den Finanzdienstleistungsmarkt in UK in eine Zwickmühle gesteuert: Durch das Provisions- verbot und die massive Regulierung gibt es viel zu wenige 13 Neue Kritik kommt aus UK Bereits im Dezember 2020 veröffentlichte die britische Auf- sicht FCA unter dem Titel „Evaluation of the impact of the Retail Distribution Review and the Financial Advice Market Review“ den neusten Evaluierungsbericht zur Finanzmarkt- reform und zum Provisionsverbot in UK. Dessen Ergebnisse wurden trotz ihrer Brisanz hier bislang kaumwahrgenommen. Doch die Zahlen und Schlussfolgerungen zeigen, dass das Provisionsverbot endgültig zum Flop gerät! Der Markt für Beratung in UK ist wettbewerbsschwach. Es gibt viele hohe Honorare, aber wenig Anreize, günstige Honorare anzu- bieten. Die Beratungsquote ist von niedrigen sechs Prozent lediglich auf enttäuschende acht Prozent gestiegen. 40 Prozent der Firmen haben formale Mindestanlagegrenzen, be- ginnend ab 50.000 Pfund. Etwa zehn Prozent der Firmen bedienen nur Kunden ab 1 Mio. Pfund. Die 60 Prozent der Firmen ohne formale Mindestanlagegrenzen haben im allgemeinen vergleichbare hohe Kundendepots: „Dies deutet darauf hin, dass der Zugang zu Beratung in der Praxis für Verbraucher mit kleineren Töpfen/Depots eingeschränkt ist“, so das verheerende Fazit der FCA. Die Aufsicht gibt dazu auch ein Beispiel: „Beispielsweise kann die Beratung zu einer Rentenübertragung (defined benefit pension transfer) kostenpflichtig sein in einem Bereich von 3.500 oder 4.500 Pfund. Wenn die Beratungsgebühr im Verhältnis zum Investitions- wert erheblich ist, kann es sein, dass die Beratung zu diesen Kosten nicht im Interesse des Kunden liegt.“ Robo-Advisors, die eigentlich als Wunderwaffe zur Schließung der Beratungslücke infolge des Provisionsverbots gedacht waren, sind bislang nur ein Nischen-Thema bzw. es gibt kaum Nachfrage danach („remain only a small fraction of the overall market“). Die FCA nennt ebenfalls Daten zur Zahlungsbereitschaft bei Ho- noraren: „Die Mehrheit möchte weniger als ein Prozent des Wertes des investierbaren Vermögens zahlen“, so die FCA-Studie. „In Pfund und Pence entspricht dies nicht mehr als 100 Pfund bei einer Inves- tition von 10.000 Pfund, 250 Pfund bei einer Investition von 25.000 Pfund und 500 Pfund bei einer Investition von 50.000 Pfund. Die meisten würden erwarten, nicht mehr als 250 Pfund zu zahlen, un- abhängig vom investierten Betrag.“ Mit dem sprichwörtlichen briti- schen Understatement verpackt die FCA dieses vernichtende Urteil zum Provisionsverbot wie folgt: „Diese Antworten zur Zahlungsbe- reitschaft stimmen nicht mit den auf dem Markt allgemein üblichen Beratergebühren überein.“ Nachfolgend eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse des jüngsten Berichts:

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