5 3 B E R A T U N G Durch das Internet ist der Zugriff auf große Datenmengen möglich. Zudem werden die Algorithmen immer ausgefeilter und die Rechenleistung immer günstiger. : Das Thema ChatGPT wird derzeit in der Öffentlichkeit besonders stark diskutiert. Wie stehen Sie dazu? Prof. Dr. Glauner: Ich begrüße das sehr. Assistenzsysteme wie ChatGPT nutzen bei Weitem nur einen überschaubaren Teil der Möglichkeiten von KI, aber diese generativen KI-Anwendungen helfen sehr gut, das Thema KI mit seinen Chancen in der breiten Öffentlichkeit stärker voranzutreiben bzw. verständlicher zu machen. So kann die Presse dank ChatGPT das Thema KI besser veranschaulichen. Und auch Nutzer, die sich bisher wenig unter KI vorstellen konnten, erfahren durch einfache Eingaben, welche Möglichkeiten KI-Anwendungen bieten – obwohl die Menschen natürlich schon viele KI-basierte Tools nutzen. : Sie meinen sicher Sprachassistenten wie Siri und Co.? Prof. Dr. Glauner: Ja, aber auch Spam-Filter, Sprach- und Rechtschreibkorrekturtools, Navigationsgeräte, Tools zur Optimierung von Audioinhalten, Tonspuren oder Bildern, Anwendungen zur automatisierten Zuordnung von Datenmaterial und vieles mehr nutzen den Prozess des maschinellen Lernens. All diese KI-Tools sind bereits in unserem Alltag präsent. Darüber hinaus wird KI die bisherige Standard-Smart-Home-Technik deutlich effizienter machen. Und natürlich ist KI auch in der Versicherungs- und Finanzwelt zu finden: Denken Sie bspw. an Anwendungen, die zur Bewertung und Abwicklung von Kreditanträgen, zur Finanzplanung oder zur Bedarfsermittlung eingesetzt werden. Aber auch bei Chatbots bzw. Kundensupport, Betrugserkennung, automatisierter Datenverarbeitung oder Marketingtools setzen Banken und Versicherer auf KI. Ziel ist es, Qualität, Effizienz und Produktivität zu steigern. Und wir stehen erst am Anfang der Entwicklung. Denn KI bietet Unternehmen ein enormes Potenzial. : Wie können Makler KI im Beratungsalltag geschickt einsetzen, um einen Mehrwert für sich und ihre Kunden zu generieren? Prof. Dr. Glauner: Zum einen durch den Einsatz von Anwendungen zur Auswertung und Verarbeitung großer Datenmengen für eine vorausschauende Beratung. Darüber hinaus kann KI auch in der Kommunikation und der werblichen Ansprache automatisiert eingesetzt werden. Hier bietet sich u. a. der Einsatz von ChatGPT-4 an, das nicht nur Texte generieren, sondern auch mit Bildern umgehen kann. Mit entsprechenden Daten ausgestattet, ist es daher denkbar, dass ChatGPT zukünftig für ganzheitliche Vertriebsansätze inklusive Produktvergleich, Nutzenbeschreibung und gezielter Kundenansprache eingesetzt wird. Makler sollten sich daher unbedingt mit den Chancen von KI auseinandersetzen. Sie kann die Produktivität erhöhen. Makler, die sich der KI verschließen, werden aus meiner Sicht über kurz oder lang nicht mehr wettbewerbsfähig sein. An KI führt kein Weg vorbei. : Wird KI also viele Berufe ersetzen und zu Arbeitslosigkeit führen? Prof. Dr. Glauner: Der Arbeitsmarkt verändert sich seit Beginn der industriellen Revolution und wird sich weiter und schneller verändern. Aktuell kratzen wir noch an der Oberfläche, wenn es um Themen wie KI oder Automatisierung und Prozessoptimierung geht. Ohne den fortschreitenden Einsatz von KI wird es uns aber nicht gelingen, den Fortschritt zu halten oder die Folgen des aktuellen Fachkräftemangels, der sich durch den demografischen Wandel noch verschärfen wird, zu kompensieren. Wir brauchen die Qualität und den wertschöpfenden Einsatz von KI, um die Produktivität zu steigern. Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit dürfte daher unser geringstes Problem sein. Sicherlich werden einige Berufe durch die Möglichkeiten der KI neue Aufgabenfelder erhalten. Entsprechend müssen sich Beschäftige oder Selbstständige weiterbilden. Darüber hinaus muss das Thema KI bzw. auch das grundlegende Programmieren in der Ausbildung, im Studium und auch schon in der Schule einen höheren Stellenwert bekommen. : Bleibt abschließend die Frage nach den Grenzen von KI. Wo liegen sie bzw. wie wird der Einsatz regulatorisch gesteuert? Prof. Dr. Glauner: Zum einen gibt es natürlich technische Grenzen. Aber das ist nicht die zentrale Barriere. Der große Fels wird wahrscheinlich die Regulierung sein. Wir haben zum einen die Datenschutzgrundverordnung, die auch wichtig und richtig ist. Auf der anderen Seite ist mit dem AI-Act eine EU-Verordnung zur Regulierung von KI © stokkete – stock.adobe.com
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