BCA insider 02 2023

1 8 K A P I T A L A N L A G E N BANKENKRISE 2023 Welche Auswirkungen hat das auf uns alle? Die Bankenlandschaft der westlichen Welt ist in Turbulenzen geraten. In den USA kam es in diesem Jahr zu mehreren Bankenzusammenbrüchen. Das Grollen im US-Finanzsektor ist weiterhin deutlich zu hören. Konsequenzen für die Realwirtschaft zeichnen sich ab. An der Börse weiß man aus Erfahrung: „Wenn Amerika hustet, bekommt Europa die Grippe.“ Das gilt sowohl für die Aktienkurse als auch für die wirtschaftliche Entwicklung. Bisher ist Europa glimpflich davongekommen. Im vergangenen Oktober konnten die Probleme eines englischen Pensionsfonds gelöst werden. Es drohte die Insolvenz. Der Fall schaffte es nicht in die Schlagzeilen, obwohl eine konzertierte Aktion der internationalen Zentralbanken einen wichtigen Beitrag zur Lösung leistete. Dieses erste Wetterleuchten machte allen Beteiligten klar, dass im Finanzsektor der Industrieländer mit gewissen Managementfehlern zu rechnen ist, die schwerwiegende Folgen haben können. Im Jahr 2023 übernahm die Schweizer Großbank UBS ihre seit einiger Zeit angeschlagene Konkurrentin Credit Suisse. Spekulanten versuchten, die Deutsche Bank ins Wanken zu bringen. Der Versuch scheiterte. Doch Europa ist noch nicht über den Berg. Wie kam es zu den Turbulenzen und was erwartet uns? Drei Faktoren sind für die Turbulenzen verantwortlich. Der erste ist die Regulierung des Bankensektors. Die Weltwirtschaftskrise nach der Pleite der Bank Lehman Brothers im Jahr 2008 führte zu einer Ausweitung der Befugnisse der Aufsichtsbehörden. Durch verschiedene Gesetze wurden die Anforderungen an die Finanzdienstleistungsbranche in allen Ländern erhöht. Dabei ging es vor allem um eine bessere Eigenkapitalausstattung und ein strengeres Risikomanagement. Die Berichtspflichten des Managements an die Aufsichtsbehörden wurden verschärft. Der zweite Faktor sind die schnellen und kräftigen Zinserhöhungen der Zentralbanken, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Die nachfolgende Grafik zeigt die Schnelligkeit der Erhöhungen des US-Leitzinses gemessen in Monaten. Die Zinserhöhungen haben zu sehr deutlichen Kursverlusten bei festverzinslichen Wertpapieren geführt. Als Benchmark können deutsche Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren dienen. Die Kursverluste lagen im Jahr 2022 bei 15 Prozent. Hier kommt der dritte Faktor ins Spiel: das Management der Finanzdienstleister. Kritisch wird es bei Banken, wenn wegen des Abzugs liquider Kundeneinlagen in größerem Umfang verlustbringende Wertpapiere verkauft werden müssen. Ein erfolgreiches Management vermeidet oder begrenzt solche Verluste. Die drei Einflussfaktoren haben im Kontext der Krise in Europa und den USA eine unterschiedliche Bedeutung. Ausgangspunkt der Bankenkrise sind erneut die USA Präsident Trump hatte 2018 die strenge Regulierung des Finanzsektors durch seinen Vorgänger Obama gelockert. Trump wollte ein stärkeres Wachstum des Finanzsektors, einen besseren Kundenservice und eine einfachere Kreditvergabe, zum Beispiel an IT-Unternehmen. Im Zuge seiner „Entfesselung“ wurden Tausende kleine und mittlere Banken von den jährlichen „Stresstests“ der Zentralbank und den erhöhten Anforderungen an die Eigenkapitalreserven befreit. Dies erhöhte das Risiko und schränkte gleichzeitig die US-Bankenaufsicht deutlich ein. Vor diesem Hintergrund kam es zu Missmanagement. Banken legten Kundengelder falsch an. Dies führte zu erheblichen Zahlungsproblemen. Managementfehler auf Unternehmensebene kamen hinzu. Sie hatten einen erheblichen Teil ihrer Liquidität als Einlagen bei einzelnen Banken angelegt. Die Verluste der Banken brachten sie nun in existenzielle finanzielle Schwierigkeiten. Die Rettung wurde von der US-Notenbank, der US-Einlagensicherungsbehörde FDIC, der Bankenaufsicht und dem Finanzministerium koordiniert: Die Problembanken wurden vor ihrem offiziellen Konkurs an Großbanken verkauft. Zudem wurde beschlossen, dass die FDIC alle Kundeneinlagen ohne Größenbeschränkung garantiert: die der Kleinsparer, die der vermögenden Privatkunden und die der Unternehmen. Die US-Aufsichtsbehörde hatte nun die Aufgabe, durch eine engere Überwachung der gesamten US-Bankenlandschaft weitere Eskalationen zu verhindern. Denn die Aktienkurse kleinerer Banken sind zuletzt ins Rutschen geraten. 6 % 5 % 4 % 3 % 2 % 1 % 0% 1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 Leitzinserhöhungen in den USA Dauer in Monaten ‘22 – ‘23 ‘15 – ‘18 ‘04 – ‘06 ‘99 – ‘00 ‘94 – ‘95 ‘88 – ‘89 ‘83 – ‘84 Anzahl Monate Quelle: Bloomberg

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