BCA insider 02 2023

konsequent vertriebsorientiert! Ausgabe 02/2023 Schlüsselfaktor Servicequalität! Wie gute Dienstleister den Geschäftserfolg des Maklers verbessern INSIDER-TALK: Die BCA-Vorstände zum Gewinn des DEUTSCHEN FONDSPREISES INSIDER-BLICKPUNKT: Auswirkungen der Bankenkrise 2023 INSIDER-WISSEN: Damoklesschwert Provisionsverbot und was zu tun ist

2 Benefits sind neben dem Gehalt die Währung im Wettlauf um Talente. Unser Benefit für Ihre Firmenkunden ist die Kombination aus betrieblicher Krankenversicherung (bKV) und Arbeitskraftsicherung (bAKS) – Ihr Gesamtpaket für mehr Arbeitgeberattraktivität und Beitrag zur sozialen Verantwortung. Stärken Sie Ihr Firmengeschäft mit bKV + bAKS: • Topaktuelles Ansprachethema – als Bestandssicherer und Türöffner. • Maßgeschneiderte Lösungen für die Belegschaft – hochwertiger Schutz ohne Gesundheitsprüfung möglich. • Einfache Prozesse – von der Anbahnung bis zum Leistungsfall. Profitieren Sie von unserer langjährigen Expertise im Firmengeschäft. → Mehr dazu bei Ihrer persönlichen Maklerbetreuung, beim AssCompact Forum betriebliche Versorgung am 20. Juni in Neuss oder unter makler.allianz.de/bv Betriebliche Vorsorge als Chance GEMEINSAM STARK Perfekt für Ihre Firmen- kunden Info & Anmeldung

3 E D I T O R I A L Roman Schwarze Vorstand BCA AG AUF EIN WORT... Sehr geehrte Leserinnen und Leser, seit vielen Jahren beschäftigt sich die Branche mit dem Thema Provisionsverbot. Immer wieder werden Daten erhoben und zum Teil sehr fragwürdig oder mit Rechenfehlern ausgewertet. Nicht selten folgen Gegendarstellungen oder neue Studien, die dann den Wert der provisionsbasierten Beratung belegen. Fakt ist: Sie, liebe Versicherungsmakler und Anlagevermittler, leisten hervorragende Arbeit. Sie sorgen für den optimalen Vermögensaufbau und Versicherungsschutz Ihrer Kunden, kümmern sich um die Abwicklung im Schadensfall und begleiten Ihre Kunden mit passenden Vorsorge- und Kapitalkonzepten ein Leben lang. Von diesem bewährten System abzuweichen, hieße, das bisher hohe Versorgungsniveau in Deutschland zu gefährden. Dies kann nicht im Sinne des Verbraucherschutzes sein. Umso skurriler sind die ganzen Vorgänge rund um das Thema Provisionsverbot und EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness, die Erwin Hausen, Chefredakteur versicherungstip, in seinem Beitrag „Nach dem Provisionsverbots-Plan ist vor dem Provisionsverbots-Plan“ auf den Seiten 12 ff. sehr gut einordnet. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen stellen sich Verbraucher die Frage, wie sie sich im Hinblick auf ihre Vermögens- und Altersvorsorge richtig aufstellen bzw. wie sie ihre Kapitalanlagen vor Wertverlust schützen können. Hier zeigt sich einmal mehr, wie wichtig die richtige Beratung ist. Informierte Kunden sind deutlich aufgeklärter und souveräner in ihren Anlage- und Versicherungsentscheidungen. Dieser „Wert der Beratung“ wird in der öffentlichen Diskussion oft vernachlässigt. Und die Zeiten sind äußerst anspruchsvoll, wie allein die Situation rund um die Bankenkrise zeigt. Lesenswert ist in diesem Zusammenhang die Antwort von Dr. Frank Ulbricht auf die Frage: „Bankenkrise 2023: Welche Auswirkungen hat das auf uns alle?“ auf den Seiten 18 und 19. Zu einer optimalen Kundenberatung und -betreuung gehört die bestmögliche Maklerunterstützung. Pools müssen für effiziente und reibungslose Prozesse sorgen, damit ein Makler erfolgreich arbeiten kann, stellt der freie Journalist Bernhard Rudolf in seinem Beitrag „Erfolgsfaktoren für Maklerbetriebe“ (Seite 54) heraus. Das Maklerprofil der Zukunft ist persönlich und digital. Entsprechend ist es unser Anspruch, Ihnen mit unseren Fachabteilungen, unserem Partnermanagement, unserer Produktwelt und IT-Aufstellung ein umfassendes persönliches und technisches Serviceangebot zur Verfügung zu stellen. Wie Rolf Schünemann im Interview auf den Seiten 51 ff. so treffend sagt: „Umfassender Maklerservice liegt quasi in unserer DNA.“ Als BCA-Gruppe bieten wir Ihnen eine starke, lösungsorientierte Partnerschaft mit einem ganzheitlichen, persönlichen Charakter und einem umfassenden Produkt- und Servicepaket. Gemeinsam mit dem BCA-Team freue ich mich, Ihnen bei unserem HEIMSPIEL 2023 unsere neuesten Lösungsangebote vorstellen zu dürfen. Wir sehen uns am 28. Juni 2023 im Dorint Hotel Frankfurt/Oberursel. Nun aber erst einmal viel Spaß beim Lesen! Ihr Roman Schwarze

4 Leitthemen 7 | Lehren aus der Vergangenheit oder Ruhe vor dem Sturm? 12 | Nach dem Provisionsverbot-Plan ist vor dem Provisionsverbot-Plan Kapitalanlagen 17 | Ziel ist, hochwertigen Service zu gewährleisten und ihn stetig zu verbessern 18 | Bankenkrise 2023: Welche Auswirkungen hat das auf uns alle? 20 | Grundbedürfnisse bleiben ein Leben lang bestehen 22 | Investieren im aktuellen Marktumfeld 24 | Zeitenwende bei Baufinanzierungen? 26 | Nun auch für 34f-ler: Die ESG-Abfragepflicht ist da! 27 | ELTIF 2.0 – Entwicklung und Möglichkeiten 28 | CARAT-Partner exklusiv: Strategische Vermögensallokation ist entscheidend INHALT Nach dem Provisionsverbot-Plan ist vor dem Provisionsverbot-Plan 12 Bankenkrise 2023: Welche Auswirkungen hat das auf uns alle? 18

5 Versicherungen 31 | Allianz: Die häufigsten Irrtümer zum Thema Pflegevorsorge (Advertorial/Anzeige) 32 | Die Boomer gehen in Rente: doppelter Boom für die Vorsorge 33 | rhion.digital: rhion.digital bringt Schwung ins Gewerbegeschäft (Advertorial/Anzeige) 35 | Medizinische Versorgung für Staatsbedienstete – vielseitig und flexibel 36 | 125 Jahre: Die Haftpflichtkasse feiert Jubiläum! 38 | HanseMerkur: Sieben gute Gründe für die Tierkrankenversicherung (Advertorial/Anzeige) 40 | Die Zinswende und das Produktdesign für die Altersvorsorge: The future is retro 44 | Allianz: Gemeinsam stark – betriebliche Vorsorge als Chance (Advertorial/Anzeige) 46 | Betriebliche Krankenversicherung: Rückenwind und viel Potenzial Beratung 51 | Umfassender Maklerservice liegt in unserer DNA 54 | Erfolgsfaktoren für Maklerbetriebe: auf Kundenberatung konzentrieren 56 | ChatGPT in der Finanz- und Versicherungswelt 58 | Social-Ad-Kampagnen: effektive Vertriebsunterstützung zur Kundengewinnung 60 | Zeit sparen, Effizienz gewinnen 62 | Private Equity? Eine spannende Anlageklasse! Standards 3 | Editorial 10 | Impressum Digitale Version: Die Zinswende und das Produktdesign für die Altersvorsorge: The future is retro 40 Erfolgsfaktoren für Maklerbetriebe: auf Kundenberatung konzentrieren 54

LEITTHEMEN der Befragten einer Kantar-Umfrage gaben an, Geld auf ihrem Girokonto zu sparen. Das sind vier Prozent weniger als im Vorjahr. In Zeiten anhaltend hoher Inflation und sinkender Realeinkommen kennt die Geldanlage fast nur Verlierer, wie die Umfrage im Auftrag des Verbandes der Privaten Bausparkassen zeigt. So liegt das Sparbuch als vermeintliche Geldanlage mit 33 Prozent der Befragten auf dem zweiten Platz – aber auch hier sind es zwei Prozent weniger als im Vorjahr. An dritter Stelle liegt trotz eines Rückgangs um einen Prozentpunkt die Immobilie mit 25 Prozent. Auf Platz vier folgen Renten- und Kapitallebensversicherungen mit 24 Prozent. 29 Prozent waren es zuvor. der Befragten gaben in einer weiteren Kantar-Umfrage an, dass sie grundsätzlich Geld für bestimmte Zwecke sparen (können). Das sind rund zwei Prozentpunkte weniger als im Vorjahr und zugleich der zweitniedrigste Wert, der in der bis 1997 zurückreichenden Befragungsreihe jemals gemessen wurde. Christian König, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Privaten Bausparkassen: Die Lebenshaltungskosten verschlingen einen immer größeren Teil des Einkommens. Größter Verlierer dieser Entwicklung ist das Sparmotiv „Altersvorsorge“. Es wird nur noch von 51 Prozent der Befragten genannt – nach 56 Prozent in der Herbstumfrage. lautet die Quote der über Immobilienmakler vermittelten Eigentumswohnungen in Deutschland im März 2023. Auch wenn die Quote insgesamt hoch ist, verzeichnet die Branche in acht von zehn ausgewählten Großstädten einen Rückgang. Negative Spitzenreiter sind Düsseldorf und Essen mit −23,0 und −12,4 Prozentpunkten. Köln und Dortmund folgen mit −5,9 und −5,2 Prozentpunkten. Stuttgart und Frankfurt am Main folgen mit jeweils rund minus zwei Prozentpunkten. In München und Berlin liegt der Rückgang bei rund minus einem Prozentpunkt. Dies ergab die aktuelle Sprengnetter-Analyse der in Immobilienportalen angebotenen Eigentumswohnungen. rund 40 Prozent 38 Prozent 62,4 Prozent © Iakov Kalinin – stock.adobe.com

7 L E I T T H E M E N © alphaspirit – stock.adobe.com Mit Blick auf die vergangenen Jahre überwiegt deutlich der Optimismus an den Kapitalmärkten. Ob Brexit, Corona oder der anhaltende Ukraine-Krieg, zumindest die Börsianer lassen sich bis dato die Laune nicht vermiesen. Daran änderte auch die 2023 auftauchende Bankenkrise wenig. Alles nur ein Strohfeuer? Wie sattelfest sind die Finanzinstitute? Kann sich Geschichte wiederholen? Die Voraussetzungen sind zumindest andere. Die Finanzwirtschaft und das Handeln an den Märkten sind im steten Fluss. Neue Technologien entwickeln sich, regulatorische Hemmnisse werden beseitigt und das Akteursverhalten ändert sich und/oder passt sich dem Umfeld an. Dennoch ist es gelegentlich ganz hilfreich, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Denn daraus lassen sich mitunter Lehren ziehen und Fehler vermeiden. Die Bankenkrise 2007/2008, die dann in eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise mündete, ist zwar gefühlt schon eine Ewigkeit her. Gleichwohl wirkt sie bis heute nach. Insbesondere auf regulatorischer Ebene hat sich seit dieser weltweiten Zäsur einiges verändert; strengere Vorschriften wurden erlassen, um die Finanzinstitute besser an die „Kandare zu nehmen“. Im März 2023wurden neue Risse in der Finanzarchitektur sichtbar, die die Märkte belasteten. Der Kollaps der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) sowie die Übernahme der Schweizer Credit Suisse weckten dunkle Erinnerungen an die große Finanzkrise vor 15 Jahren. Droht jetzt weiteres Ungemach? Was bedeutet das für die Investoren und die Märkte? 2007,2008 und 2009 im Vergleich zu 2023. Krisen sind nicht vergleichbar Bereits im August 2007 erreichte die Immobilien- und Finanzkrise den europäischen Kontinent. Auslöser war der Zusammenbruch des Hypothekenmarktes in den Vereinigten Staaten. Ein Jahr später, im September 2008, kam es zur globalen Wirtschafts- und Finanzkrise mit massiven Erschütterungen für die Weltwirtschaft. Der Aktienkurs von Lehman Brothers brach ein, Anleger fürchteten die Zahlungsunfähigkeit des Finanzinstituts und hoben Gelder von den Banken ab. Lehman Brothers war Geschichte. Die globale Dimension wurde prompt sichtbar. Neben Privatbanken hatten auch insbesondere deutsche Landesbanken in schlecht besicherte Immobilienkredite in den Vereinigten Staaten investiert und waren dabei hohe Risiken eingegangen. Das Resultat: desaströs. Finanzinstitute mussten staatlich gestützt werden, einige wurden in der Folgezeit abgewickelt. Der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück las den Instituten die Leviten: „Die nennen Sie dann ‚Conduit‘ oder Investmentvehikel oder strukturierte Produkte. In Wirklichkeit ist es eine Wundertüte, wo Sie nicht wissen, wo die Risiken und der Knallfrosch drin ist. Sie haben keine blasse Ahnung davon.“ Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel beruhigte die Deutschen mit den Worten: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.“ Auch wenn die Einlagen sicher waren, stellten diese Ereignisse einen tiefen Einschnitt im Finanzsystem dar. Ein beispielloser Konjunktureinbruch folgte; das Vertrauen ins System hatte nachhaltig gelitten. LEHREN AUS DER VERGANGENHEIT ODER RUHE VOR DEM STURM?

L E I T T H E M E N 8 HSBC (GB) BNP Paribas (FR) UBS (CH) Banco Santander (ES) Intesa Sanpaolo (IT) ING Group (NL) Nordea Bank (FIN) BBVA (ES) Lloyds Banking Group (GB) UniCredit (IT) Abb. 1: Die 10 größten Banken in Europa nach ihrer Marktkapitalisierung im Jahr 2023 (in Mrd. US-Dollar, Stand: 3. März 2023) Quelle: in Anlehnung an https: //de.statista.com/statistik/daten/studie/165637/umfrage/ marktkapitalisierung-von-banken-in-europa/ 86,29 68,56 67,98 53,27 51,69 47,39 47,24 42,5 40,28 154,07 Wiederholt sich Geschichte? Anfang März 2023 sorgte die Meldung vom Kollaps der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) für mächtig Unruhe an den Märkten. Zu dieser Zeit stand der DAX bei 15.600 Zählern und die US-Notenbank Fed hatte den Leitzins in den vergangenen zwölf Monaten um 450 Basispunkte angehoben; der steilste Zinsanstieg der letzten 40 Jahre. In Deutschland und rund um den Globus gingen die Indizes in die Knie. Allein der DAX verlor binnen weniger Tage in der Spitze bis zu 1.000 Punkte. Danach ging es mit den Kursen wieder aufwärts. Am 19. Mai 2023 sprang der Leitindex sogar über die 16.000erMarke. Gefahr gebannt? Spuk vorbei? Zeitgleich titelt bspw. das Magazin Capital „Bankenkrise und Zinserhöhungen: Aufprall in der Realität“. Jérémie Boudinet, Head of Investment Grade Credit, La Française AM, sieht keine vergleichbare Krise wie 2007 ff. am Horizont aufkommen und bemerkt: „Das glauben wir nicht. Allerdings halten wir eine Kreditklemme für sehr wahrscheinlich, mit einer unvermeidlichen Konsolidierung und Stärkung des US-Bankensystems, aber die Banken sind bei Weitem nicht mehr so riskant und leveraged wie 2007. Auch die Reaktionsfähigkeit von Regierungen, Aufsichtsbehörden und Zentralbanken hat sich in den letzten zehn Jahren verbessert. Sie haben aus ihren Fehlern gelernt, insbesondere in Europa, wo die Folgen der großen Finanzkrise jahrelang zu spüren waren.“ Keine Einzelmeinung. Auch Marius Kruse, Sales Associate Director bei Fidelity International, sieht den Vergleich mit damals hinkend. „Wir erleben im Moment kein zweites 2008. Damals waren Kreditrisiken im USHäusermarkt der Auslöser. Heute geht es eher um Durationsrisiken, die das Vertrauen in regionale, kleinere Banken des Landes geschwächt haben. Insofern sehen wir keine systemische Ansteckungsgefahr.“ Dass die Märkte aber im Risk-off-Modus sind, betont Kruse an dieser Stelle. Das bedeutet, die Risikobereitschaft der Marktteilnehmer nimmt tendenziell ab und sämtliche risikobehafteten Assets verlieren an Wert. Bankenlandschaft im Wandel – Lernprozesse bei europäischen Instituten Nach der Pleite der SVB, den diversen Pleiten weiterer US-Regionalbanken und der Rettung der Credit Suisse war die Verunsicherung groß. Ist die lange ersehnte Zinswende doch eher Fluch als Segen? Wie schaut es mit Blick auf die Risiken insbesondere bei europäischen/deutschen Finanzinstituten aus? „Heutzutage haben die Banken eine deutlich stärkere Kapital- und Liquiditätsausstattung und keine nennenswerten Kreditausfälle. Die Gewinnsituation stellt sich sehr gut dar: Es gibt u. a. eine höhere Zinsmarge, man hat deutliche Fortschritte auf der Kostenseite erzielt. So hat in Europa bspw. die Deutsche Bank den höchsten Gewinn in den vergangenen 15 Jahren verzeichnet und die Dividende um 50 Prozent erhöht“, sagt Carsten Gerlinger, Managing Director und Head of Asset Management bei Moventum AM. Dem pflichtet Jean-François Neuez, Research Analyst bei Janus Henderson, bei und verweist auf die stattge- © DELstudio – stock.adobe.com

L E I T T H E M E N 9 fundene Konsolidierung in den vergangenen Jahren. Dies habe zu einer Verbesserung der Kreditvergabeentscheidungen und zu einer Verringerung der Kostenbasis der Systeme geführt, wodurch sich die Gewinnmargen erhöht hätten, um mögliche Verluste aufzufangen. Der Experte führt bspw. an, dass es in Spanien nicht mehr die „Cajas“ gibt, die zu Beginn der 2010er-Jahre im Mittelpunkt der Immobilienprobleme standen, Griechenland inzwischen vier Banken hat, ItaliendieAufhebungdesPopolare- Status (bei dem die Mitglieder die gleichen Stimmrechte wie institutionelle Aktionäre erhalten) erzwungen und eine Konsolidierung vorgenommen hat. Nicht zuletzt hat sich auch der Charakter des Investmentbankings gewandelt. Die Branche ist signifikant geschrumpft und konzentriert sich jetzt auf große, diversifizierte und stabile Banken. EY kommt in diesem Zusammenhang in einer neuesten Umfrage zum Ergebnis, dass die europäischen Top-Player deutlich Boden zu ihren angloamerikanischen Wettbewerbern gutgemacht haben. So sei der Nettogewinn der nach Bilanzsumme zehn größten US-Kreditinstitute im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 24 Prozent gesunken, während Europas zehn Top-Banken ein Gewinnplus von vier Prozent auf 72 Mrd. Euro und damit auf ein Zehn-Jahres-Hoch erwirtschafteten. Bei der Profitabilität bleiben US-Institute führend, aber der Abstand zu den europäischen Banken hat sich verkleinert. „Die europäischen Großbanken haben sich im vergangenen Jahr unterm Strich erfreulich positiv entwickelt“, sagt Thomas Griess, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY, in diesem Kontext. „Trotz der Belastungen aus Krieg, Inflation und Energiekrise konnten die Institute von der Zinswende profitieren und ihren Gewinn teils deutlich erhöhen.“ (Siehe Abbildung 1.) Auch an den Börsen haben die international tätigen Banken zuletzt gute Zahlen vorgelegt. Neben den US-amerikanischen Top-Playern wie Citigroup, Bank of America u. a., die ihre Gewinne im ersten Quartal 2023 infolge der Zinswende steigern konnten, sahen auch die Meldungen der europäischen/deutschen Institute nicht schlecht aus. So ist die Commerzbank dank steigender Zinsen und einer vergleichsweise robusten Wirtschaftslage mit einem kräftigen Gewinnsprung ins laufende Jahr gestartet. Allerdings blieb das Institut perspektivisch hinter den Markterwartungen zurück. Die Aktie notiert Mitte Mai bei knapp unter 10 Euro – immerhin noch ein Plus von zwölf Prozent seit Jahresbeginn. Die Deutsche-Bank-Aktie hingegen hat seit der Jahreswende rund zehn Prozent verloren, und das, obwohl das Institut zuletzt gute Zahlen vorgelegt und einen optimistischen Ausblick präsentiert hat (siehe Abbildung 2). Der Blick auf den STXE 600 BankenIndex zeigt, dass zwar kein Grund zu übersteigertem Optimismus besteht, aber auch ein Schreckensszenario nicht ablesbar ist. Von seinem Tief am 24. März dieses Jahres hat sich der Index ordentlich erholt und notiert am 19. Mai bei 153 Punkten – ein Anstieg um sieben Prozent seit Jahresbeginn (siehe Abbildung 3). Ist eine Krise damit gänzlich abgesagt? Das wäre doch zu kurz gesprungen. Denn viele kleinere USRegionalbanken haben weiter mit den Auswirkungen der Zinserhöhungen zu kämpfen (Bewertungsverluste bei Staatsanleihen und zunehmende Kreditausfälle bei Gewerbeimmobilien). Dennoch sind sich die Experten mit Blick auf die stattgefundene Regulierung einig, dass die aufgebauten Schutzmaßnahmen bzgl. Liquidität und Risikobereitschaft gut und ausreichend sind. „Mit Blick auf die Zukunft sehen wir die europäischen Banken als attraktiv bewertet an, mit Abb. 3: Performance EURO STOXX Banks Zeitraum 1 Monat 3 Monate 6 Monate 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre Tief 98,73 90,57 90,57 72,30 72,30 49,99 Hoch 110,97 119,73 119,73 119,73 119,73 119,73 Entwicklung -3,89% -9,77% 12,43% 20,52% 9,69% 103,03% Quelle: https: //www.boerse-frankfurt.de/index/euro-stoxx-banks, Abruf am 19.05.2023 2.000 1.500 1.000 500 0 -500 Abb. 2: Gewinn bzw. Verlust der Deutschen Bank vom 1. Quartal 2020 bis zum 1. Quartal 2023 (in Mio. €) Quelle: https: //de.statista.com/statistik/daten/studie/155706/umfrage/ gewinn-der-deutschen-bank-nach-quartalen-seit-2008/ Q1 2020 Q2 2020 Q3 2020 Q4 2020 Q1 2021 Q2 2021 Q3 2021 Q4 2021 Q1 2022 Q2 2022 Q3 2022 Q1 2023 Q4 2022 Gewinn/Verlust in Mio. Euro -43 -77 182 51 908 692 194 145 1.060 1.046 1.115 1.803 1.158

L E I T T H E M E N robusten Bilanzen und einer Gesamtrendite von fast zehn Prozent (Dividende und Rückkäufe)“, hält Experte Jean-François Neuez fest. Für Rolf Kieckebusch, Vorstand der KIRIX Vermögensverwaltung AG, lässt sich die Sache wie folgt zusammenfassen: „Entscheidender Faktor für ein gesundes Bankensystem ist und bleibt das Kundenvertrauen. Radikale Liquiditätsabflüsse sind die Achillesferse eines jeden Bankhauses.“ Volatiles zweites Halbjahr Abseits der Bankenlandschaft und der aktuell eher unwahrscheinlichen Eintrittswahrscheinlichkeit einer weiteren Finanzkrise beschäftigt die Gemüter der weitere Verlauf an den Kapitalmärkten. „There is no alternative“, gemünzt auf die Aktie als Renditebringer, ist seit der Zinswende 2022 nicht mehr das allein selig machende Motto. Nein, Anleihen, die auch ein katastrophales Jahr 2022 hinter sich hatten, sind zurück und Investoren können mit Bonds wieder Geld verdienen. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass die düsteren Wolken im Verlauf des zweiten Halbjahres zunehmen und sichtbarer werden. Die Konjunktur hinkt bekanntlich immer etwas hinterher. „Das Risiko einer Rezession ist unverändert sehr hoch. Einige Indikatoren sprechen eindeutig für eine Rezession (inverse Zinsstrukturkurve, Geldverknappung). Die Wirkung der massiven Leitzinserhöhungen wird Ende 2023/Anfang 2024 erst noch eintreten. Das erfreuliche Wachstum in China und Indien wird aller Voraussicht nach nicht ausreichen, um die Welt vor einer Rezession zu bewahren“, so Carsten Gerlinger. Das könnte im Umkehrschluss heißen, dass die Aufwärtsbewegung an den Börsen zumindest ins Stocken gerät und volatiler wird. Bei einem DAX-Stand jenseits der 16.000erMarke dürfte das in dem derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld nicht überraschen. Die Stimmung an den Kapitalmärkten ist mitunter besser als die tatsächliche Lage. Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch, blickt mit gemischten Gefühlen auf den weiteren Jahresverlauf: „Auch die zweite Jahreshälfte dürfte vor allem von der Frage geprägt sein, ob politische Fehler globaler Tragweite vermieden werden können. Angesichts der Herausforderungen der aktuellen Zeit bedarf es dringend einer angebotsorientierten, innovations- und investitionsfreundlichen Politik, während diese leider immer mehr planwirtschaftliche Signale sendet. Die Kapitalmärkte dürften daher je nach Nachrichtenlage und der sich jüngst widersprüchlich entwickelnden volkswirtschaftlichen Parameter volatiler werden mit Chancen in zahlreichen Marktsegmenten – einen langfristigen Anlagehorizont vorausgesetzt.“ Der V-DAX, der im Herbst vergangenen Jahres und im März 2023 kurzzeitig in die Höhe schnellte, dürfte dann wieder ansteigen. Bis dato liegt er niedrig bei knapp 17 Punkten. IMPRESSUM Herausgeberin: BCA AG Hohemarkstraße 22 61440 Oberursel Telefon: (06171) 9150-100 E-Mail: info@bca.de www.bca.de/insider Projekt- und Redaktionsleitung Marc Oehme, BCA AG Herstellung Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH Kurhessenstraße 4-6 64546 Mörfelden-Walldorf www.wvd-online.de Schlusskorrektorat correctus e. K. E-Mail: info@correctus.de Layout studio halvar www.studio-halvar.de Roberto Formica, BCA AG ID-Nr. 23142546 Gastautoren dieser Ausgabe (Visitenkarten) In chronologischer Reihenfolge: Erwin Hausen, Dr. Frank Ulbricht, Sasa Perovic, Kristina Berggreen, Dr. Henriette Meissner, Thomas Knobloch, Silvia Fischer, Bernhard Rudolf Alle sonstigen, nicht namentlich genannten redaktionellen Beiträge entstammen aus den Reihen der insider-Redaktion. Coverbild © BCA AG 1 0 © by-studio – stock.adobe.com © 2023 BCA AG Da Veröffentlichungen einer besonderen Dynamik unterliegen, können trotz ausführlicher Prüfung weder Redaktion noch Herausgeber Haftung für die Richtigkeit der Beiträge übernehmen, ausgenommen, es handelt sich um grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Alle Beiträge geben ausschließlich die Meinung der jeweiligen Verfasser wieder. Der Herausgeber ist für den Inhalt nicht verantwortlich. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen übernimmt der Herausgeber keine Haftung. Urheber- und Verlagsrechte, auch im Hinblick auf jede Art der Vervielfältigung, bleiben vorbehalten. Sämtliche Inhalte, auch auszugsweise, dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung durch die BCA AG nachgedruckt sowie in elektronische Datenbanken oder auf andere Datenträger aufgenommen werden. Heftpreis: 4,80 Euro (inkl. MwSt.)

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1 2 L E I T T H E M E N © Lune V A/peopleimages.com – stock.adobe.com NACH DEM PROVISIONSVERBOT-PLAN IST VOR DEM PROVISIONSVERBOT-PLAN Warum sich die Branche nicht in Sicherheit wiegen sollte und was zu tun ist! Das Damoklesschwert Provisionsverbot schwebt seit Jahren über der Branche. Zuletzt drohte es herabzufallen. Doch die Pläne der EU-Kommission, im Rahmen der europäischen Kleinanlegerstrategie ein EU-weites und generelles Provisionsverbot einzuführen, wurden nochmals in die Schublade gesteckt. Doch damit ist die Gefahr nicht verschwunden. Wir fassen die EU-Bestrebungen, eine damit einhergehende Studienschlacht und welche Lehren daraus gezogen werden können, nachfolgend für Sie zusammen. Gleich zum Jahresbeginn hatte sich die Branche mit einer Bombe aus Brüssel auseinanderzusetzen. In einem Antwortschreiben der EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion, Mairead McGuinness, an Markus Ferber (CSU), Abgeordneter des Europäischen Parlaments (Fraktion der Europäischen Volkspartei), wurde als Argument für ein Provisionsverbot aufgeführt, die MiFID II habe trotz der damit verbundenen ursprünglichen Absicht nicht zu einer Verlagerung hin zu einer unabhängigen Beratung geführt. Vielmehr sei der „anreizbasierte Vertrieb“ das wichtigste Modell für den Verkauf von Anlageprodukten für Kleinanleger geblieben. Bürgerinnen und Bürger verhalten sich also anders, als die EU-Kommission dies mit MiFID II beabsichtigt hat. Der Verbraucher entscheidet sich für die provisionsbasierte Beratung und Vermittlung. Doch das gefällt der EU-Kommission nicht. Provisionen führen angeblich dazu, dass der Verbraucher (immer) zu teure Produkte erhält und weniger Rendite einfährt. Daher muss ein Provisionsverbot dafür sorgen, dass der Verbraucher zukünftig das Beratungsmodell wählt, das die EU-Kommission für richtig hält. Man könnte auch sagen, damit ist die EU auf Verbraucher-Entmündigungskurs.

1 3 L E I T T H E M E N © PureSolution – stock.adobe.com Auffällig ist zweierlei: Zum einen der Kostenaspekt Provision/Honorar, den die EU-Kommissarin anders einzuordnen scheint, als er in der Realität ist. Kannte sie den Wert einer kundenindividuellen Beratung nicht oder wollte sie ihn nicht kennen? Und warum wurde bei ihren Rendite-Berechnungen offensichtlich nicht berücksichtigt, dass die Beratung gegen Honorar auch Geld kostet? Zum anderen soll in den Ländern mit Provisionsverbot, Niederlande und UK, alles besser sein, sprich kostengünstigere Produkte und gute Beratung. Dass Produkte ohne Beratungs- und Vermittlungskosten weniger kosten als Produkte, die diese beinhalten, ist allerdings keine erstaunliche Erkenntnis. Und von der guten Beratung profitieren nur wenige. Denn ein wichtiger Teil der Realität wurde offenbar gerne unter den Tisch gekehrt: Im Vereinigten Königreich führte die Einführung des Provisionsverbots 2013 zu einer erheblichen Beratungslücke. Dies geht aus den sog. „Retail Investments Product Sales Data“ hervor, einer statistischen Datenerhebung der britischen Aufsicht FCA (lesen Sie mehr zu den fatalen Auswirkungen in den insider-Ausgaben 03/2021 und 04/2022). Die „EU-Anreiz-Studie“ offenbart Argumente gegen ein Provisionsverbot Eigentlich sollte die von der EU-Kommission beauftragte und von Kantar Public erstellte Studie „Disclosure, inducements and suitability rules for retail investors study, Final report“ als Beweis für die Notwendigkeit eines Provisionsverbotes herhalten. Die Finanzmarkt-Kommissarin verwies jedenfalls auf „eine beträchtliche Menge an Beweismaterial”, das angeblich gravierende Nachteile der provisionsbasierten Beratung und Vermittlung belegen soll. Doch es stellte sich heraus, dass Kantar die Kostendifferenz bei Produkten mit Beratung bzw. ohne Provision um satte 40 Prozent zu hoch angegeben hatte. Zudem entlarvte die von „versicherungstip“ („vt“) vorgenommene tiefere Beleuchtung der 333 Seiten umfassenden Studie Ergebnisse, die für den Beibehalt einer qualifizierten Provisionsberatung sprechen. Bei einer Rede bzw. Anhörung am 24. Januar 2023 in Brüssel vertrat McGuinness die Auffassung: „Wir haben uns intensiv mit den Erfahrungen der Niederlande beschäftigt, die vor einigen Jahren ein Verbot von Zuwendungen eingeführt haben. Und in den Niederlanden führte dies zu einer Verlagerung hin zu günstigeren und vielfältigeren Produkten, was zu einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis für Privatanleger führte. Und insgesamt können wir sagen, dass das niederländische Provisionsverbot nicht zu einem Rückgang der Retail-Investitionen geführt hat – es gab sogar einen leichten Anstieg.“ Doch in den aktuellen Untersuchungen der Kommission steht genau das Gegenteil! In besagter Kantar-Studie heißt es (übersetzt ): „Die Niederlande, wo Anreize verboten sind, bilden eine Ausnahme, in der unabhängige Beratung tatsächlich häufiger vorkommt. Das bedeutet aber noch nicht, dass unabhängige Beratung in den Niederlanden leicht zugänglich ist. Sie ist oft wohlhabenderen Kunden vorbehalten oder mit einer Gebühr verbunden, die nicht jeder zu zahlen bereit ist. Die Mehrheit der Kunden wird nicht durch eine unabhängige Beratung bedient, sondern wird eher auf Produkte verwiesen, die nur über digitale Plattformen verkauft werden.“ Ignoriert: Argumente für Beibehaltung provisionsbasierter Beratung und Vermittlung Weitere Erkenntnisse der Studie „Im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden hat sich der Zugang zur Beratung tatsächlich verschlechtert“ und „sich der Markt in Richtung reiner Ausführungsprodukte entwickelt.“ Erkenntnis Niederlande: „Kleinanleger investieren fast ausschließlich auf Ausführungsbasis, da Anreize verboten sind. Eine unabhängige Beratung ist bei einigen Versicherungs- und Rentenprodukten üblich, für die eine kostenpflichtige unabhängige Beratung vorgeschrieben ist. Eine unabhängige Beratung ist für wohlhabendere Anleger (über 75.000 Euro) möglich.“ Zur Gesamtsituation in der EU: „Es wird davon ausgegangen, dass die unabhängige Beratung weniger konfliktbehaftet wäre und infolge der Begrenzung der Anreize zunehmen würde“, lautet die Theorie, aber: „Die Studie findet jedoch keine Hinweise auf einen wachsenden Markt für unabhängige Beratung in den untersuchten Ländern.“

1 4 L E I T T H E M E N © PureSolution – stock.adobe.com Angeblich: „Repräsentative Studie: 63 Prozent der Deutschen wollen ein Provisionsverbot“ Mit dieser brisanten und Aufmerksamkeit erregenden Schlagzeile sorgte die Honorarberatungsbank Quirin Privatbank AG für ein Rauschen im Blätterwald. Repräsentativ mag die Umfrage, die die puls Marktforschung GmbH im Auftrag von Quirin durchgeführt hatte, sein. Das Ergebnis ist aber ein anderes, als es die Honorarberatungsbank verbreitet. Ebenso wie die „vt“-Redaktion hatte sich die „Börsen-Zeitung“ die Studie genauer angeschaut und kam zu dem Ergebnis: „Die Quirin Privatbank will mit einer Umfrage den Ruf nach einem Verbot von Vertriebsprovisionen untermauern. Doch die Befragung zeigt ein gemischtes Bild, und die Haltung zur Provisionsberatung bleibt unklar.“ Unsere Analyse: Laut Quirin soll die Studie erbracht haben, dass „63 Prozent die Abschaffung der Provisionsberatung gut fänden“. Das gibt die Studie aber nicht her. Befragt zur Meinung über das in der Politik diskutierte Provisionsverbot stimmen 13 Prozent der Antwortvorgabe zu, „Finde ich gut, statt der Provisionsberatung sollte es eine Honorarberatung geben“. Eine weitere Antwortmöglichkeit, der 50 Prozent der Teilnehmer zustimmten, war: „Finde ich gut, die EU/der Staat sollte für mehr Transparenz sorgen.“ In keiner dieser beiden Antwortvorgaben taucht das Wort Provisionsverbot auf. Und wenn Bürger es gut finden, dass der Staat für mehr Transparenz sorgt, ist das keine Provisionsverbot-Forderung! Quirin und seinen Dienstleister „puls“ schert das aber nicht – die Addition von 50 und 13 ergibt plötzlich 63 Prozent Provisionsverbot-Forderer. Ist das eine seriöse Darstellung der Untersuchungsergebnisse? Gegen Lobbyismus in eigener Sache ist nichts einzuwenden. Es sollten aber zumindest minimale Wahrheitskriterien bei Aussagen erfüllt werden! Uni Regensburg liefert Studien-Flop mit Professorenstempel „Provisionsverbot führt zu signifikanten Vermögenssteigerungen“, trommelte die Universität Regensburg anhand ihrer Studie „Die Auswirkungen von Provisionsverboten auf das Vermögen der Haushalte: Erkenntnisse aus OECDLändern“ für ein Provisionsverbot. Doch trotz des Uni- und Lehrstuhl-Mantels wird wissenschaftliche Qualität schmerzlich vermisst. Die Uni behauptete: „Das Vermögen der Haushalte in Ländern mit Provisionsverbot wuchs signifikant stärker als in Ländern ohne Provisionsverbot. Das Forscherteam bemisst den um länderspezifische Effekte bereinigten Renditeunterschied auf 1,7 Prozent p. a. und appelliert an die EU-Kommission, ein allgemeines Verbot von Provisionen bei der Anlageberatung umzusetzen.“ Schlussfolgerungen, die allerdings nicht haltbar sind. „Unsere Forschung beleuchtet den Zusammenhang zwischen den Portfolioentscheidungen von Haushalten, die ihre jeweiligen Anlageergebnisse beeinflussen, und provisionsbasierten Systemen. Nach unserem besten Wissen ist uns keine akademische Arbeit bekannt, die dies bisher auf länderübergreifender Ebene versucht hat“, heißt es in der Studie. Doch warum nehmen die Studienersteller keinen Bezug auf die jährlichen Berichte der ESMA aus der Serie „ESMA Market Report. Costs and Performance of EU Retail Investment Products“? Das sind die verlässlichsten und besten Daten. Stattdessen greifen die Regensburger auf OECD-Daten zurück, und dies in einem sehr problematischen Zusammenhang. Kurz gefasst: Die Rendite-Entwicklung mit Daten zwischen 1997 und 2020 zu betrachten und einen Zusammenhang herzustellen zu einem Provisionsverbot, das in den betreffenden Ländern zwischen 2005 und 2019 eingeführt wurde, zeigt den „wissenschaftlichen“ Hokuspokus. Getoppt wird das dann noch, wenn bei einem Renditevergleich auf der einen Seite die Kosten der Beratung in Form von Provision einbezogen werden, auf der anderen Seite die Honorarberatungskosten aber nicht. Prof. Dr. Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund kritisiert und formuliert das so: „Provisions-Äpfel versus Honorar-Birnen“. Eine quantitative Analyse der Vergütungsmodelle hilft weiter „Provisionsverbot und Kleinanlegerstrategie“ heißt die von Prof. Dr. Jochen Ruß, Prof. Dr. Alexander Kling und Dr. Andreas Seyboth vom Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater (BDV) erstellte Untersuchung, deren Kern eine quantitative Analyse der Vergütungsmodelle „Provisionsberatung“ und „Honorarberatung“ bei Altersvorsorgeprodukten beinhaltet. Beim Vergleich der Vergütungsmodelle berechnen die IFA-Autoren u. a., dass bei einem Altersvorsorgevertrag mit einer Vertragslaufzeit bis 18 Jahren der neutrale Beitrag, unterhalb dessen das Provisionsmodell günstiger ist, über 200 € pro Monat liegt. Bei einer Laufzeit von 20 bzw. 30 Jahren beträgt der neutrale Beitrag 186 Euro bzw. 129 Euro. Mit zunehmender Laufzeit sinkt der neutrale Beitrag. Er liegt aber auch bei sehr langen Laufzeiten noch über 100 Euro pro Monat, erst bei einer Laufzeit von 40 Jahren sinkt er auf 98 Euro. Nun sind es ja gerade die „kleinen Sparer“, die ihre Lebensversicherung mit kleinen Beträgen besparen. Im Ergebnis bedeutet

1 5 L E I T T H E M E N dies, dass „die Altersvorsorgeverträge zahlreicher Verbraucher ein Volumen aufweisen, für das eine provisionsbasierte Beratung günstiger ist als eine Honorarberatung“, so die Studienautoren. Provisionsverbot-Gefahr auf europäischer Ebene gebannt – zumindest vorläufig Bei Redaktionsschluss zu dieser insider-Ausgabe war Stand der Planung, dass die EU-Kommission am 24. Mai 2023 ihre im Rahmen der europäischen Kleinanlegerstrategie geplanten Maßnahmen bekannt geben wollte. Doch womit zu rechnen bzw. nicht zu rechnen war, hatte EUFinanzkommissarin Mairead McGuinness bei einer Rede am 27. April im Rahmen des Eurofi High-Level Seminars in Stockholm angekündigt. Die gute Nachricht: Ein generelles Provisionsverbot für Anlageprodukte wird es nicht geben, jedenfalls vorerst nicht. Aber Verschärfungen werden kommen, wie McGuinness deutlich machte: Wir müssen die Interessenkonflikte bei der Anlageberatung angehen. Wir müssen über die Transparenzverpflichtungen hinausgehen. Wir sind dabei, die Bedingungen zu verschärfen, unter denen Anreize erlaubt sind. Es sollte ein gezieltes Verbot für Anreize bei reinen Ausführungsgeschäften geben. Es sollte auch strengere Sicherheitsvorkehrungen dafür geben, wann Anreize gezahlt werden dürfen und wann nicht. Die Regeln für die Beratung werden verschärft, um sicherzustellen, dass die Berater im besten Interesse ihrer Kunden handeln. Zudem werden verstärkte Kontrollen, auch durch die Aufsichtsbehörden, angekündigt. Jetzt kein Verbot aller Anreize vorzuschlagen, bedeute „keinen Freifahrtschein für den Finanzsektor“. Es wird eine starke Überprüfungsklausel in den vorgeschlagenen Rechtsvorschriften geben; „das wird es uns ermöglichen, zu einem späteren Zeitpunkt ein vollständiges Verbot der Anreize einzuführen, falls dies notwendig sein sollte“, ließ die EU-Kommissarin keine Zweifel aufkommen, dass sie eigentlich ein generelles Provisionsverbot anstrebt. Die Abkehr von einem generellen Provisionsverbot beruhte wohl nicht auf der Einsicht, dass ein Provisionsverbot für Verbraucher schädlich ist, sondern auf der pragmatischen Entscheidung, dass ein Provisionsverbot an den Mehrheitsverhältnissen gescheitert wäre. Strategie und Methoden der Provisionsverbot-Forderer sollten beachtet werden Eine Studie sollte wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Bei der IFA-Studie ist das so. Aber nach unserer Auffassung gilt das leider nicht für jede Studie, selbst wenn ein professorales oder universitäres Deckmäntelchen umgehängt wurde. Zudem sollten Studienergebnisse auch korrekt interpretiert und keinesfalls Aussagen getätigt werden, die einer Wunschvorstellung, aber nicht den Studienzahlen entsprechen. Des Weiteren ist zu bemängeln, wenn ein Teil der Ergebnisse einer Untersuchung für die Argumentation der eigenen Zielvorstellung herangezogen wird, aber ein anderer aussagekräftiger Ergebnisteil derselben Untersuchung unter den Tisch gekehrt wird, weil er der eigenen Sichtweise entgegensteht. Ein Phänomen, das nach unserer Beobachtung bei sog. Verbraucherschützern und ideologiegetriebenen Politikern weitverbreitet ist. Zudem scheint die Fraktion der Provisionsverbot-Forderer gut organisiert zu sein. Studien sind jedenfalls keine Mangelware und deren „brisante“ Pressemitteilungen finden schnell Verbreitung in Publikumsmedien. Dies alles spricht dafür, dass Branchen- und Berufsverbände unterstützt werden sollten – und sei es durch eine Mitgliedschaft, um somit die Interessen der Vermittler zu stärken. Einige Berufsverbände haben auf politischer Bühne die Nachteile eines Provisionsverbots aufgezeigt. So hat auch die von „vt“ koordinierte Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) immer wieder in sachlichen und konstruktiven Stellungnahmen und Gesprächen mit Politikern die Probleme der Überregulierung, eines Provisionsdeckels oder eines Provisionsverbots dargelegt. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass das Engagement aller weiterhin nötig ist, und dieses verdient Ihre Unterstützung. Seit vielen Jahren vertritt die „vt“-Redaktion die Auffassung, „dass die Koexistenz von Provisionsberatung und Honorarberatung, die dem Verbraucher die freie Wahl lässt, das viel klügere Modell ist“ (vgl. „vt“ 28/18 vom 10. Juli 2018). Jetzt muss nur noch die EU-Kommission dauerhaft im Sinne der Kleinanleger und Verbraucher handeln. Erwin Hausen Chefredakteur versicherungstip kapital-markt intern Verlag GmbH E-Mail: vt@kmi-verlag.de Telefon: +49 2602 9191-644

1 6 K A P I T A L A N L A G E N KAPITALANLAGEN der Sparer erwarten weiter steigende Preise und sorgen sich um den Wert ihrer Ersparnisse. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2022, als fast alle (98 Prozent) diese Meinung vertraten, ist dieser Anteil um 19 Prozentpunkte gesunken. 13 Prozent glauben, dass die Preise konstant bleiben werden. Vor knapp einem Jahr glaubte dies praktisch niemand. Von den Befragten, die mit weiter steigenden Preisen rechnen, sorgen sich drei Viertel (76 Prozent) um den Wert ihrer Ersparnisse. Dies sind Ergebnisse des Anlegerbarometers von Union Investment, einer repräsentativen Online-Befragung. aller 2023 geplanten Investitionen wird für das Thema Nachhaltigkeit getätigt (27 Prozent), wie eine aktuelle Studie der Managementberatung Horváth unter 150 europäischen Top-Führungskräften zeigt. Das ist ein Anstieg um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Große Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mind. 5 Mrd. Euro steigerten ihren Anteil um 20 Prozent. Nach Regionen betrachtet zeigt sich, dass die Nachhaltigkeitsinvestitionen europäischer Unternehmen zu fast zwei Dritteln in Europa bleiben (63 Prozent). Branchenübergreifend geben rd. 80 Prozent der Unternehmen an, alle für sie infrage kommenden Fördermittel im Bereich Nachhaltigkeit zu kennen und bei konkreten Projekten vorab zu prüfen. der Regionen konnten Eigentumswohnungen im Bestand 2022 real günstiger erworben werden als im Vorjahr. Dies betrifft die sieben größten Metropolen stärker als die Mittelstädte. In rund 37 Prozent sind die Preise real gestiegen, bspw. in den nach wie vor beliebten Ferienregionen an der Nordsee. Im Durchschnitt aller Regionen lag der Preisrückgang gegenüber 2021 preisbereinigt bei −0,7 Prozent. Im Jahr 2021 hatte der reale Preisanstieg noch 14,2 Prozent betragen, im Jahr davor 9,6 Prozent. Nominal stiegen die Preise für Eigentumswohnungen im Durchschnitt aller Kreise und kreisfreien Städte jedoch um 6,2 Prozent gegenüber 2021. Das sind Ergebnisse der Studie „Postbank Wohnatlas 2023“. 79 Prozent Mehr als 1/4 In rund 63 Prozent © rudi1976 – stock.adobe.com

1 7 K A P I T A L A N L A G E N ZIEL IST, HOCHWERTIGEN SERVICE ZU GEWÄHRLEISTEN UND IHN STETIG ZU VERBESSERN Marco Schuster ist neu im Team bei der FFB. Nach seinem BWL-Studium in Ingolstadt und Kopenhagen hat er sechs Jahre lang für die Softwarehersteller SimCorp und Universal Investment Labs gearbeitet und deren Portfoliomanagement- und Tradingsysteme bei institutionellen Asset Managern implementiert und auch vertrieben. Nun ist er neuer Senior Manager Sales bei der Fondsplattform FFB und sprach hierüber mit der insider-Redaktion. : Herr Schuster, wie war der Einstieg bei der FFB? Marco Schuster: Die ersten Monate waren sehr aufregend und lehrreich. Sie standen vor allem im Zeichen des Kennenlernens unserer Produkte, Services und Prozesse sowie unserer Partner, ihrer Berater und des Plattformmarktes. Die Highlights für mich waren die Partnerveranstaltungen und Messen wie die SMART MAKLER TOUR der BCA, die ich gleich in meiner zweiten Woche zusammen mit Peter Nonner begleiten durfte. Als Ansprechpartner für unsere angebunden Poolpartner liegt mein Fokus darauf, die strategische Zusammenarbeit mit ihnen zu vertiefen und auszubauen. Darüber hinaus bin ich ebenfalls für die Gewinnung neuer Partner verantwortlich. : Welche wesentlichen Themen können Sie nach den ersten Gesprächen festhalten? Schuster: In den Gesprächen mit unseren Poolpartnern habe ich festgestellt, dass die Digitalisierung des Beratungsprozesses, der Kundenkommunikation und der Auftragsabwicklung sowie die Integration der Prozesse und des Datenhaushalts über Schnittstellen im Fokus stehen. Darüber hinaus gewinnt eine Neuausrichtung der Geschäftsmodelle von Beratern weg von individualisierten hin zu strukturierten, skalierbaren und digitalen Ansätzen immer mehr an Bedeutung. Als Trend sehen wir vor allem die Fondsvermögensverwaltung. Nicht nur die Gespräche, sondern auch unsere Auswertungen belegen zudem, dass der Anteil an Beratungsdepots mit Serviceentgelten im Vergleich zu provisionsbasierten Depots immer größer wird. Ein Serviceentgelt sorgt nicht nur für klare Verhältnisse bei Berater und Kunde, sondern schafft auch Wertigkeit, Planbarkeit und macht unabhängig von eventuellen gesetzlichen Änderungen sowie Produktgebern. : Der Markt der Depotbanken ist in letzter Zeit stark in Bewegung geraten: Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein? Schuster: Wettbewerb ist grundsätzlich immer gut. Im Markt der Depotbanken haben wir viel Konsolidierung gesehen. Übernahmen können zwar Vorteilemit sich bringen. Allerdings binden sie immer erheblich Ressourcen, die auch anderweitig verwendet werden könnten. Deswegen ist es wichtig, genau zu prüfen, ob eine Transaktion auch tatsächlich die gewünschte Synergie liefert oder die Komplexität so stark erhöht, dass sie eigentlich unrentabel ist. : Auch Ihr Haus verzeichnete zuletzt einige Veränderungen: Welche Bedeutung hat die Entwicklung für die Betreuung bspw. von Poolpartnern? Schuster: Die FFB hat in den vergangenen Jahren ein organisches Wachstum verzeichnet und folglich personell aufgestockt. Das übergeordnete Ziel dahinter ist, weiterhin einen hochqualitativen Service für unsere Partner und deren Berater zu gewährleisten und ihn stetig zu verbessern. Ebenso ist es uns wichtig, nah am Markt zu sein, um neue Impulse in unser zukünftiges Produkt- und Serviceangebot einfließen zu lassen. So wollen wir nicht nur unser Wachstum, sondern auch das Wachstum unserer Partner unterstützen. : Welche Projekte plant Ihr Haus in naher Zukunft? Schuster: Einen Schwerpunkt bilden Portfolio- lösungen sowie die Steigerung der Automatisierungsquote. So werden Angebote zur fondsgebundenen Vermögensverwaltung – auch in digitalen Formaten – gemeinsam mit unseren Partnern weiterentwickelt. Daneben sollen über den Ausbau und die Flexibilisierung der Schnittstellen die Automatisierung vorangetrieben und die Prozesse für Berater und die FFB noch effizienter und skalierbarer gemacht werden. Seit wenigen Monaten an Bord bei der FFB als Senior Manager Sales: der 31-jährige Marco Schuster. In seiner Freizeit treibt der gebürtige Würzburger gerne Sport und liest gute Krimis.

1 8 K A P I T A L A N L A G E N BANKENKRISE 2023 Welche Auswirkungen hat das auf uns alle? Die Bankenlandschaft der westlichen Welt ist in Turbulenzen geraten. In den USA kam es in diesem Jahr zu mehreren Bankenzusammenbrüchen. Das Grollen im US-Finanzsektor ist weiterhin deutlich zu hören. Konsequenzen für die Realwirtschaft zeichnen sich ab. An der Börse weiß man aus Erfahrung: „Wenn Amerika hustet, bekommt Europa die Grippe.“ Das gilt sowohl für die Aktienkurse als auch für die wirtschaftliche Entwicklung. Bisher ist Europa glimpflich davongekommen. Im vergangenen Oktober konnten die Probleme eines englischen Pensionsfonds gelöst werden. Es drohte die Insolvenz. Der Fall schaffte es nicht in die Schlagzeilen, obwohl eine konzertierte Aktion der internationalen Zentralbanken einen wichtigen Beitrag zur Lösung leistete. Dieses erste Wetterleuchten machte allen Beteiligten klar, dass im Finanzsektor der Industrieländer mit gewissen Managementfehlern zu rechnen ist, die schwerwiegende Folgen haben können. Im Jahr 2023 übernahm die Schweizer Großbank UBS ihre seit einiger Zeit angeschlagene Konkurrentin Credit Suisse. Spekulanten versuchten, die Deutsche Bank ins Wanken zu bringen. Der Versuch scheiterte. Doch Europa ist noch nicht über den Berg. Wie kam es zu den Turbulenzen und was erwartet uns? Drei Faktoren sind für die Turbulenzen verantwortlich. Der erste ist die Regulierung des Bankensektors. Die Weltwirtschaftskrise nach der Pleite der Bank Lehman Brothers im Jahr 2008 führte zu einer Ausweitung der Befugnisse der Aufsichtsbehörden. Durch verschiedene Gesetze wurden die Anforderungen an die Finanzdienstleistungsbranche in allen Ländern erhöht. Dabei ging es vor allem um eine bessere Eigenkapitalausstattung und ein strengeres Risikomanagement. Die Berichtspflichten des Managements an die Aufsichtsbehörden wurden verschärft. Der zweite Faktor sind die schnellen und kräftigen Zinserhöhungen der Zentralbanken, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Die nachfolgende Grafik zeigt die Schnelligkeit der Erhöhungen des US-Leitzinses gemessen in Monaten. Die Zinserhöhungen haben zu sehr deutlichen Kursverlusten bei festverzinslichen Wertpapieren geführt. Als Benchmark können deutsche Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren dienen. Die Kursverluste lagen im Jahr 2022 bei 15 Prozent. Hier kommt der dritte Faktor ins Spiel: das Management der Finanzdienstleister. Kritisch wird es bei Banken, wenn wegen des Abzugs liquider Kundeneinlagen in größerem Umfang verlustbringende Wertpapiere verkauft werden müssen. Ein erfolgreiches Management vermeidet oder begrenzt solche Verluste. Die drei Einflussfaktoren haben im Kontext der Krise in Europa und den USA eine unterschiedliche Bedeutung. Ausgangspunkt der Bankenkrise sind erneut die USA Präsident Trump hatte 2018 die strenge Regulierung des Finanzsektors durch seinen Vorgänger Obama gelockert. Trump wollte ein stärkeres Wachstum des Finanzsektors, einen besseren Kundenservice und eine einfachere Kreditvergabe, zum Beispiel an IT-Unternehmen. Im Zuge seiner „Entfesselung“ wurden Tausende kleine und mittlere Banken von den jährlichen „Stresstests“ der Zentralbank und den erhöhten Anforderungen an die Eigenkapitalreserven befreit. Dies erhöhte das Risiko und schränkte gleichzeitig die US-Bankenaufsicht deutlich ein. Vor diesem Hintergrund kam es zu Missmanagement. Banken legten Kundengelder falsch an. Dies führte zu erheblichen Zahlungsproblemen. Managementfehler auf Unternehmensebene kamen hinzu. Sie hatten einen erheblichen Teil ihrer Liquidität als Einlagen bei einzelnen Banken angelegt. Die Verluste der Banken brachten sie nun in existenzielle finanzielle Schwierigkeiten. Die Rettung wurde von der US-Notenbank, der US-Einlagensicherungsbehörde FDIC, der Bankenaufsicht und dem Finanzministerium koordiniert: Die Problembanken wurden vor ihrem offiziellen Konkurs an Großbanken verkauft. Zudem wurde beschlossen, dass die FDIC alle Kundeneinlagen ohne Größenbeschränkung garantiert: die der Kleinsparer, die der vermögenden Privatkunden und die der Unternehmen. Die US-Aufsichtsbehörde hatte nun die Aufgabe, durch eine engere Überwachung der gesamten US-Bankenlandschaft weitere Eskalationen zu verhindern. Denn die Aktienkurse kleinerer Banken sind zuletzt ins Rutschen geraten. 6 % 5 % 4 % 3 % 2 % 1 % 0% 1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 Leitzinserhöhungen in den USA Dauer in Monaten ‘22 – ‘23 ‘15 – ‘18 ‘04 – ‘06 ‘99 – ‘00 ‘94 – ‘95 ‘88 – ‘89 ‘83 – ‘84 Anzahl Monate Quelle: Bloomberg

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