insider 03/2020 online

40 Dass die Investmentbranche immer nachhaltiger wird, dürfte angesichts der fortschreitenden Regulierungspläne der EU, der klimapolitischen Notwendigkeit und des vorherrschenden gesell- schaftlichen Konsenses inzwischen außer Frage stehen. Die Vor- bereitungen für die Taxonomie sowie die neuen Offenlegungs- und Beratungspflichten im Zuge des Aktionsplans laufen auf Hochtou- ren. Es stellt sich eigentlich nicht mehr die Frage, ob die Fondswelt „grüner“ wird, sondern nur noch, wie (schnell). ie hoch der auf der Branche in diesem Zusam- menhang ruhende Anpassungsdruck derzeit ist, belegen zwei aktuelle Umfragen unseres Hauses. In der einen befragten wir 42 „Country-Heads“, Vorstände, Geschäftsführer und „Head of Sales“ unterschiedlicher Asset- Manager nach den größten Treibern der Fondsindustrie in der Gegenwart. 23, also mehr als die Hälfte, nannten „ESG“ und „Nachhaltigkeit“ und erreichten damit die höchste erkennbare Übereinstimmung. Bei der Frage nach den Produkttrends fiel das Ergebnis sogar noch deutlicher aus. Hier nannten 27 die Begriffe „ESG“, „Nachhaltigkeit“ oder „Impact“. In einer anderen Studie, an der mehr als 1.500 Finanzdienst- leister teilnahmen, fragten wir: „Vor der Corona-Krise be- herrschte das Thema ‚Nachhaltigkeit‘ die Medien und auch die Finanzbranche regelrecht. Erwarten Sie, dass die Nachhaltig- keit in den nächsten Jahren noch so präsent bleibt?“ 52 Pro- zent beantworteten diese Frage mit „Ja“, 25 Prozent erwarten sogar eine noch stärkere Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Zukunft. Lediglich ein knappes Viertel unterstellt eine abneh- mende Bedeutung infolge der Corona-Krise. Prä der Nachhaltigkeit Angesichts dieses „Prä“ der Nachhaltigkeit in der Fondsbran- che erklärt sich die Fülle der Untersuchungen, die in den letz- ten Monaten unternommen wurden, um der alten Frage nach- zugehen, inwieweit nachhaltige Selektionsfilter die Renditen zugrunde liegender Portfolios positiv oder negativ beein- flussen. Lud doch der reale Stresstest eines Marktabsturzes © ileezhun - stock.adobe.com HABEN SICH NACHHALTIGE INVESTMENTSTRATEGIEN WÄHREND DER CORONA-KRISE AUSGEZAHLT? bisher ungesehenen Ausmaßes im Verlauf des Monats März regelrecht dazu ein, die Auswirkungen nachhaltiger Aus- schlusskriterien und ESG-Filter auf Anlageentscheidungen zu überprüfen. Exemplarisch erwähnt seien an dieser Stelle vier veröffentlichte Studienergebnisse. ARABESQUE > So kommt bspw. die Asset-Management- Boutique Arabesque zu dem Schluss, dass Unternehmen mit besserer ESG-Performance während der Corona-bedingten Verkaufsoffensive (14. Februar bis 24. März 2020) durch- schnittlich höhere Renditen zeigten als Industrie-Mitbewerber mit schlechterer ESG-Performance. Der höchste sektorspezi- fische Renditeunterschied ließ sich im Bereich „Communica- tion Services“, „Consumer Disc.“ und „Energy“ erkennen. FIDELITY > Fidelity International untersuchte mehr als 2.600 Unternehmen und konstatierte, dass sich Anleihen und Akti- en von Unternehmen mit einem guten ESG-Rating in der Krise besser entwickelten als solche mit einer schlechten Nachhal- tigkeitsbewertung. „Unsere Untersuchungsthese, dass Un- ternehmen mit guten ESG-Bilanzen auch über bessere Ma- nagementteams verfügen und sich in einer Krise daher besser als der Markt entwickeln, wurde klar bestätigt“, erklärte man. Die Studien lassen erkennen, dass Aktien mit einem Fidelity ESG „A-Rating“ in den 36 Tagen zwischen dem 19. Febru- ar und dem 26. März 2020 durchschnittlich um 3,8 Prozent- punkte besser als der S&P 500 und Aktien mit einem Fide- lity ESG „E-Rating“ durchschnittlich etwa 7,4 Prozentpunkte schlechter als der Index abschnitten. Ein ähnlicher Effekt ließ sich auf der Rentenseite beobachten. Unternehmensanleihen mit einem A-Rating verloren im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 23. März 2020 durchschnittlich 9,23 Prozent an Wert, Unternehmensanleihen mit C-Rating verloren 17,4 Prozent. Fidelity sieht sich vor diesem Hintergrund in der Annahme bestärkt, dass es einen grundsätzlichen Zusammenhang zwi- schen starken Nachhaltigkeitsfaktoren und Renditen gibt. INVESCO > Auch bei Invesco wurden unterschiedliche ESG- gefilterte Portfolios in ihrem Krisenverlauf untersucht, u. a. eine Strategie, die in Titeln mit dem höchsten ESG-Score long und Werten mit dem niedrigsten ESG-Score short ging. Er- gebnis: Das Ausmaß der Outperformance der ESG-Portfolios war zwar bescheiden, aber erkennbar. „Unsere Ergebnisse signalisieren, dass die Integration von ESG-Risiken helfen

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