insider 03/2020 online
Keine Einzelmeinung. Es ist wohl so, dass sich in unsiche- rem Marktumfeld ein Engagement in hochwertige defensive Wachstumsunternehmen mit starken Bilanzen und nach- weislichem Innovationserfolg bezahlt macht. In der Summe lässt sich sagen, dass bis dato im Besonderen Wachstums-, Technologie- und Healthwerte sowie defensive Titel beson- ders gefragt waren. Hier bleiben einige Ampeln auf Grün, aber mit Bedacht. Zumal auch sogenannte Nachzügler – zumin- dest vorübergehend – wiederentdeckt wurden. Zykliker machen Boden gut „Nach einer Periode erheblicher Underperformance hat sich der Fokus derzeit auf die eher zyklischen Werte verlagert. Es sind jedoch noch die Anfänge der Krise – ob es eine nachhal- tige Werterholung geben wird, bleibt ungewiss. Wir bleiben dabei, dass der optimale Ansatz in diesem Umfeld die Diversi- fizierung bleibt. Sie ermöglicht ein Engagement in allen Berei- chen des Marktes und trägt dazu bei, Portfolios in Zeiten der Unsicherheit zu schützen“, merkt Geir Lode , Head of Global Equities bei Federated Hermes, an dieser Stelle an. Auch DJE-Experte Bohnet verweist in diesem Zusammen- hang darauf, dass sein Haus zu Value-Werten weniger ex- poniert war und dies gezielt über Industriewerte nachholen werde. Und für OPTINOVA-Vorstand Sabeur ist sozusagen ordentlich Musik auch im Rohstoffbereich vorhanden. „Wo- bei kurzfristig die Energiewerte profitieren könnten, da diese massiv vom Verfall des Ölpreises im ersten Quartal getroffen und teilweise um den Buchwert gehandelt wurden. Langfris- tig sind wir sowohl für den Edelmetall- als auch für den Indus- triemetallbereich optimistisch“, so Sabeur. Hier sei bemerkt, dass durch die Corona-Krise einige Notie- rungen unter Druck gekommen waren. Wo nichts produziert wird, braucht man eben auch keine Industriemetalle. Aber ein eher knappes Angebot und die langsame wirtschaftliche Erholung in China wirken positiv auf die Preise von Indus- triemetallen. China ist für die Hälfte des weltweiten Indus- triemetallverbrauchs verantwortlich. In der Summe haben konjunktursensitive, zyklische Sektoren mit der Aufholjagd gegenüber insbesondere Wachstumswerten begonnen. Das könnte, wenn sich dieser Trend festigt, auch für eine gewisse Outperformance europäischer Titel gegenüber den US-Wer- ten sprechen. © Eisenhans - stock.adobe.com 28 Andere Sektoren, bspw. der Bankensektor, werden erst ver- spätet die massive Krise zu spüren bekommen. Hier würde eine erhöhte Kreditausfallrate eine wesentliche Rolle spie- len, die im ärgsten Fall zu einer erneuten Finanzkrise führen könnte. Dann wird jedoch die Grundsatzfrage gestellt wer- den müssen, inwieweit die heute aufgenommenen Schulden überhaupt zurückgezahlt werden können. Dabei stehen ins- besondere die deutschen Geldhäuser im Zuge der Pandemie vor einer erneuten Belastungsprobe, wie auch die Deutsche Bundesbank jüngst vorrechnete. Überlagert werden Überlegungen zur möglichen Attraktivität einzelner Sektoren von sogenannten strukturellen Trends, die oftmals als mächtige transformative Kräfte fungieren. „Wir legen beim MainFirst Global Equities den Schwerpunkt auf strukturelle Trends, die langfristig Wachstumschancen bieten und etwaige Rückgänge vergleichsweise gut kompensieren können. Diese Themen wie E-Commerce und mobiles Inter- net werden mittelfristig weiter an Bedeutung gewinnen. So wird bspw. der Einzelhandel noch stärker auf E-Commerce umstellen, da der Online-Einkauf von Lebensmitteln weiter zunimmt. Ein weiteres Beispiel ist mobiles Bezahlen“, bemerkt MainFirst-Portfoliomanager Adrian Daniel . Fernab jeglicher Branchenaffinität gilt wohl auch, gezielt Ausschau zu halten nach chancenreichen Aktien von Unternehmen, deren Ge- schäftsmodelle eben mehr als etabliert sind und die über eine solide Bilanzstruktur verfügen. Denn diese stellen sich idea- lerweise den Gezeiten und können unruhige Börsenphasen nicht nur überstehen, sondern treten mitunter gestärkt daraus hervor. Fazit: Eines steht fest: Mit dem sprichwörtlichen Klotzen statt Kleckern kann sich die wirtschaftspolitische Reaktion auf die ungeahnte Krise insbesondere auf dem europäischen Konti- nent durchaus sehen lassen. Sie können als Vorzeichen für ei- nen weiteren Anstieg der Aktienmärkte interpretiert werden. Wichtig ist hierbei jedoch zu erwähnen, dass der Verlauf an den Märkten durch ein Mehr an Volatilität geprägt sein könnte. Eine zweite Welle würde das zarte Pflänzchen der ersehn- ten wirtschaftlichen Erholung im Keim ersticken. Zykliker und Value-Titel könnten an Fahrt aufnehmen, gleichwohl sollte das nicht als Abgesang auf die bis dato sehr stark gelaufe- nen Technologie- und Healthcare-Werte interpretiert werden. Denn Fonds, die auf langfristige strukturelle Trends setzen, überdauern auch einen temporären Rückgang. <<
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