insider Ausgabe 02/20 Online

© Rolf Töpperwien Privatarchiv 53 : Sie haben sich 2010 bewusst für den Abschied von der großen Fußballbühne entschieden. Genießen Sie seitdem den Ruhestand oder leben Sie im Unruhestand? Rolf Töpperwien: Meiner Familie und mir geht es gut. Der Ausstieg aus dem Berufsleben war die beste Entscheidung meines Lebens. Und das beste Ereignis meines Lebens war die Geburt meines Sohnes Louis, für den ich nun viel Zeit habe. Ansonsten bin ich ja nicht aus der Welt. So moderiere ich noch zahlreiche Veranstaltungen oder biete ausgewählten Gruppen die Möglichkeit an, mit mir hinter die Kulissen des aktuellen Sportstudios zu blicken, was mir beides sehr viel Spaß bereitet. Im September dieses Jahres steht zudem mein 70. Geburtstag vor der Tür. Kurzum: Alles prima! : Die Liebe zum Fußball ist aber geblieben, oder? Töpperwien: Beruflich ist Fußball kein Thema mehr für mich. Ich verspüre auch keinerlei Wehmut. Privat bin ich jedoch mit der Materie Fußball natürlich weiter be- fasst. Popmusik und Fußball sind meine großen Leidenschaften. So nehme ich selbstverständlich Anteil an den Spie- len, indem ich vor allem die ARD Bun- desligakonferenz im Radio anhöre und mich vor allem auf die Spiele freue, die von meiner Schwester Sabine mode- riert werden, auf die ich sehr stolz bin. Einladungen zu großen Fußballspielen wie etwa Dortmund gegen München brauche ich jedoch nicht mehr. : Stimmt es, dass Sie damals als einziger in der Redaktion keinen Computer benutzen mussten? Töpperwien: Das ist richtig, ich brauch- te das Teil auch nicht. Dazu eine An- ekdote: Ein damaliger Kollege zog für einen Vorbericht des Spiels 1. FC Kai- serslautern – Bayern München das le- gendäre Spiel aus dem Jahr 1973 aus dem Archiv, das nach 1:4 Rückstand noch 7:4 für Kaiserslautern ausging. Blöder- weise ging der Mitarbeiter von einem 0:4-Rückstand aus, was man dann im Fernsehen hören konnte. Als ich ihn im anschlie- ßenden Redaktionsmeeting darauf ansprach, begründete er den Fehler damit, dass er die Daten aus der ZDF-Datenbank habe. Da habe ich nur lautstark in den Konferenzraum geru- fen, dass ich schon immer gesagt habe, dass man die Daten im Kopf und nicht im Computer haben muss. Seit diesem Zeit- punkt war klar, dass ich nie mit einem Computer arbeiten wer- de und es der Sender auch nie von mir verlangte. : Sie haben auch nie E-Mails geschrieben? Töpperwien: Diese ganze Mailerei ist doch ein irrsinniger Zeitfresser! Ich brauche keine unzähligen Mails zu schreiben, wenn ich in einem Telefonat alles klären kann. Ich rede un- glaublich gerne mit Leuten und habe mir in den Jahrzehnten ein erstklassiges Netzwerk aufgebaut. Wenn ich etwas von Franz Beckenbauer, Otto Rehhagel, Michael Ballack, Ottmar Hitzfeld oder auch Altkanzler Gerhard Schröder wis- sen bzw. mit ihnen sprechen möchte, dann rufe ich sie an. Dies gilt übrigens auch, wenn ich z. B. eine Frage zu mei- ner Handynutzung habe. Im Zweifels- fall habe ich da die Nummer vom Voda- fone-Pressesprecher. insider: Also nutzen Sie Ihr Handy bis heute ausschließlich zum Telefonie- ren? Töpperwien: Größtenteils auf jeden Fall. Ausgewählte Dinge wie z. B. Banküberweisungen erledige ich in- zwischen schon ab und an online. Aber E-Mails schreibe ich weiterhin keine. Das kläre ich alles viel schneller tele- fonisch – und das klappt dank meines Netzwerks wunderbar. Kurz vor der Corona-Pandemie traf sich das insider-Team mit der ZDF-Sportreporter-Legende Rolf Töpperwien, um mit ihm über den damaligen und heutigen Fußballzirkus zu sprechen. Niemand konnte beim Gespräch in Wiesbaden erahnen, dass die Fußballwelt bereits wenige Tage später zum Stillstand kommen würde. Stattdessen erzählte uns ‚Töppi‘ in seiner lebenslustigen Art und Weise viele Anekdoten aus fast 50 Jahren Fußball- und Fernsehgeschichte und seine Sicht auf den Fußball.

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