insider Magazin Ausgabe 5
64 in alternative Investmentformen, allen voran Gold. Börsenun- abhängige Investments werden daher nach meiner Überzeu- gung weiter an Bedeutung gewinnen. Auch für Privatanleger sind derartige Investments hochattraktiv. Von Anlagediaman- ten bis hin zu Rolex-Uhren. Das Wichtigste dabei ist die sorg- fältige und gezielte Auswahl des Anbieters und des Invest- ments. : Warum lohnt es sich auch über Kryptowährungen als Anlage nachzudenken, obgleich das Investment als sehr risikoreich gilt, der Markt weit über 4.000 Kryptowährungen zählt und nur bedingt reguliert erscheint? Miller: Bislang wurden Kryptowährungen eher als Ersatz für den globalen Geldbestand eingesetzt. Dies kann sich im Laufe des nächsten Jahrzehnts ändern. Die Überwindung regulato- rischer Hürden wird ihre Attraktivität ebenso erhöhen wie das Potenzial, eventuell Bargeld zu ersetzen. Ich bin davon über- zeugt, dass es ein mehrdimensionales Krypto-Geldsystem in der digitalisierten Welt der Zukunft geben wird. Dezentrale Kryptowährungen wie der Bitcoin werden zu einer Art digita- lem Gold. Zentrale Stablecoins von Privatunternehmen – wie bspw. Facebooks Libra – werden in Koexistenz neben zentra- len Kryptowährungen von Notenbanken existieren. Security Token werden darüber hinaus zahlreiche Vermögenswerte digitalisieren und fungibel handelbar machen. Utility Token (Funktionale Kryptowährungen) werden zusätzlich Einzug halten in die Industrie und den Handel der Realwirtschaft wie auch als digitale Währungen in die Finanzwirtschaft. : Inwieweit wird sich die Beraterrolle des Finanz- und Versicherungsvermittlers verändern, wenn z. B. alter- native Anlageformen an Bedeutung gewinnen? Miller: Die bürokratischen Regelungen der seit Jahresbe- ginn 2018 in Kraft getretenen EU-Richtlinie MiFID II führen dazu, dass klassische Banken und Vermögensverwalter ihre Dienstleistungen stark standardisieren müssen. Die Aufzeich- nungsvorschriften und das Meldewesen nehmen ab sofort weit mehr Zeit in Anspruch als die Kundenberatung. Zwei Dinge werden die Finanz- und Versicherungsbranche wei- terhin massiv verändern: die Regulierung und vor allem die Digitalisierung. Die meisten Innovationen entstehen, egal in welchem Bereich, heutzutage immer noch in den USA, bevor sie in einem gewissen Abstand auch in Europa Einzug halten. Auch in der Finanzwirtschaft sind die USA das Ursprungsland der automatisierten Anlageberatung und Vermögensverwal- tung. Der Trend ist längst auch bei uns angekommen. Mit den Robo-Advisorn wird die Digitalisierung des Bankgeschäfts im Bereich der Anlageberatung und Vermögensverwaltung zu- künftig auch in Europa eine ganz neue Stufe erreichen. : Können Sie uns zum besseren Verständnis ein konkretes Beispiel benennen? Miller: Denken Sie etwa an das Bargeld oder das Bankensys- tem, wie wir es derzeit noch kennen. Eine eigenverantwortli- che und selbstbestimmte finanzielle Selbstverteidigung wird für jeden Bürger immer wichtiger, weil sich die Welt, wie wir sie kennen, massiv verändert und verlässliche staatliche Sys- teme aus der Vergangenheit in ihren Leistungen und Schutz- funktionen schlicht erodieren. Deswegen gilt im Hinblick auf die finanzielle Selbstverteidigung eines jeden Menschen: Hilf dir selbst, so hilft dir Gott oder, besser gesagt, Selbstbestim- mung und Eigenverantwortung statt Staat! : Wie ist es dahingehend um die Anlagementalität der Deutschen bestellt? Die meisten Deutschen horten ihr Geld doch weiter in klassischen Bankprodukten wie etwa auf dem Sparbuch, oder? Miller: In der Tat setzen viele Anleger nach wie vor auf das renditelose Risiko eines Sparbuches bei einer Bank und ver- weigern sich neuen, mehrwertigen Technologien wie dem Mobile Payment als elektronischem Bargeld, aber auch ge- zielten Investments in die Realwirtschaft über Aktien. Dabei ist die „German Angst“ vor Aktien unbegründet. Aktien bieten einen eingebauten Inflationsschutz, attraktive Dividenden- ausschüttungen und Chancen auf Wertsteigerungen. Im Hin- blick auf die langfristige Vermögensanlage – allen voran die Altersvorsorge – belegen empirische Untersuchungen, dass der Vermögenszuwachs über Aktien-Investments jede klassi- sche Rentenversicherung oder Anlage in Staatsanleihen und Zinsprodukten bei Banken deutlich schlagen. : Whiskey, Oldtimer, Genossenschaftsanteile, Edel- metalle, Uhren u. v. m.: Weshalb lohnt es, sich mit Investitio- nen aus diesen Kategorien zu beschäftigen und was sollten Anleger diesbezüglich berücksichtigen? Miller: Wir leben in einer Zeit zunehmender Bargeldein- schränkungen, Negativzinsen auf Bankkonten und möglicher Verwerfungen an den Aktienbörsen. Hinzu kommt eine gi- gantische Blase an den internationalen Geld- und Anleihen- märkten. Auch auf zahlreichen Immobilienmärkten überwie- gen mittlerweile die Risiken aufgrund der exorbitant hohen Bewertungen. Das gesamte Finanzsystem hat sich aufgrund der uferlosen Schuldenpolitik der Staaten, flankiert durch die expansive Geldpolitik der Notenbanken, längst zu einem un- kontrollierbaren Schattensystem entwickelt, dem jeglicher Bezug zur realen Wirtschaft fehlt. Notenbanken sowie eine zunehmende Zahl von Geschäftsbanken und Versicherungs- konzernen investieren Teile ihres Eigenkapitals mittlerweile
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