Ausgabe3_2021-inside-investment/

43 Die Corona-Pandemie hat gezeigt: In Zeiten sich schnell verändernder Wachstumsdynamiken und immer kürzerer technologischer Zyklen muss sich ein Unternehmen schnell anpas- sen können. Die Unternehmensfüh- rung, repräsentiert durch den Aspekt „G“ in ESG, ist ein wesentlicher Per- formancetreiber und verdient deshalb mehr Aufmerksamkeit. Starre Vorga- ben zur Beurteilung oder Einordnung eines Unternehmens spiegeln die Re- alität der wirtschaftlichen Vielfalt und die Eigenheiten mancher Gesellschaf- ten jedoch nicht ausreichend wider. Wir wollen durch die Einbeziehung unterschiedlichster Perspektiven ein möglichst vollumfängliches Bild eines Unternehmens erlangen. Wie sich eine gute „Corporate Governance“ definiert, liegt dabei wie so oft im Auge des Be- trachters. Gerade bei familiengeführten Konzernen tun sich viele Meinungsver- schiedenheiten auf. Managementqualität ist das A und O Für unser Team mit Fokus auf deut- sche und europäische Aktien ist die Managementqualität nach den Bewer- tungsaspekten seit jeher das entschei- dendste Kriterium für ein Investment. Die Einschätzung der Unternehmens- führung gehört zur DNA unseres In- vestmentansatzes. Eigenschaften wie Aufrichtigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Transparenz, eine Prise konserva- tiver Haltung und K r i t i k f äh i gke i t sind wichtig, um die Integrität einer börsengelisteten Gesellschaft zu wahren. Das Ma- nagement ist der verlängerte Arm des Investors, des Teileigentümers einer Aktienge- sellschaft. Es sollte Außenstehenden als Schnittstelle einen vollwertigen und möglichst unverfälschten Blick in das Innere dieser sonst so abstrakten, an- onymen Gesellschaften ermöglichen. Umso wichtiger ist eine eingehende Analyse, ob die Ziele des Vorstands und die der Aktionäre im Einklang ste- hen. Erste Anhaltspunkte eröffnen hier- bei die Betrachtung der langfristigen finanziellen Anreizmechanismen der Vorstandsvergütungen. Idealerweise sollte auch ein nicht-beteiligter Vor- stand unternehmerisch so handeln, als ob ihm die Firma gehören würde. Ein in Vorstandsetagen oftmals unterschätz- ter Gedanke ist jedoch, dass ein Vor- stand eigentlich nur der Angestellte der Unternehmenseigentümer – also der Aktionäre – ist. Die unterschätzten Familienkonzerne Gerade Familienkonzerne erhalten in Bezug auf ihr „ESG-Profil“ oftmals die unterschiedlichsten Bewertungen von verschiedenen externen Rating- agenturen. Doch sie sehen wir als die besonders nachhaltig ausgerichteten Gesellschaften an. Nicht die kurz- bis mittelfristige Optimierung der Ver- gütung über die Laufzeit eines Vorstandsman- dates steht dort im Vordergrund, sondern ein ver- antwortungsvol- les Denken in Generationen. Die Reputation und Aufrechterhaltung des Lebenswerks der Familie ist für sie von höchster Be- deutung und bildet somit die Basis für nachhaltigen Erfolg. Nach dem gleichen Muster sind auch ihre externen Bezie- hungen auf Beständigkeit ausgerichtet. Das langfristige Wohl der Firma samt Aktionären, Mitarbeitern und anderen Stakeholdern trägt zu einer höheren Konstanz in der Unternehmensführung sowie dem Werterhalt und Wertzu- wachs bei. Dank geringerer Optimie- rung der Bilanzstrukturen können Aus- gaben für zukünftiges Wachstum via Forschung & Entwicklung oder Erwei- terungsinvestitionen auch in Krisenzei- © Olivier Le Moal - stock.adobe.com / Andreas Pohlmann Viele Asset Manager, Investoren und Unternehmen konzentrieren sich bei der Nachhaltigkeitsbetrachtung eines Unter- nehmens vorrangig auf den Punkt Umwelt (Environment), die Managementqualität (Governance) steht oft im Hintergrund. Dabei ist gerade diese entscheidend für den Erfolg einer Anlage.

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