insider Ausgabe 03/19 Online
zeichnet die Branche eine hohe Missbrauchsquote in der Haftpflicht- und Hausratversicherung. Bei Ersterem wird in Bezug auf den Schaden häufig beimHergang und in der Höhe manipuliert. Es ist ein typischer Fall, dass ein Bekannter das Smartphone vom besten Freund nutzt und es versehentlich fallen lässt. Kurze Frage in diesem Zusammenhang: Haben Sie schon einmal das Smartphone Ihres Freundes genutzt? Kommt eher seltener vor, nicht wahr? Anders bei der Haus- ratversicherung: Hier liegt der Betrug zumeist darin, dass die Schadenhöhe aufgebauscht wird. Also wenn plötzlich bei ei- nem Einbruch mehr gestohlen wurde, als es wirklich gab. : Was sind für Sie wesentliche Punkte, um einen Lügner zu entlarven? Heitmann: Es gibt leider nicht den einen wahren Indikator. Vielmehr sind es viele kleine Details, auf die es zu achten gilt: Wichtig ist es zunächst, auf sein Bauchgefühl zu hören, um herauszufinden, ob jemand glaubwürdig bzw. authentisch erscheint. Hierzu achte ich beim Gesprächseinstieg sehr ge- nau auf die aktuelle Gefühlslage des Gegenübers. Geht es im weiteren Gespräch um die Schilderung des Schadenfalls, soll- te man auf grundsätzliche Veränderungen beim Gegenüber achten. So kann es bspw. sein, dass jemand zum Start des Gesprächs locker und gelöst spricht und urplötzlich – wenn es um den Sachverhalt geht – komplett abblockt und am liebsten das Gespräch sofort beenden will. Auch kann es sein, dass ein Lügner sein Verhalten oder Sprachmuster verändert, wenn er ertappt wird. Beispielsweise agiert er schlagartig nervös, auf- geregt oder gar traurig bzw. legt in der Schadenschilderung eine sprunghafte Erzählweise an den Tag und verwickelt sich in Widersprüche. Dies können alles kleine Indizien sein, die am Ende ein Gesamtgefühl – eben das Bauchgefühl – erge- ben. Das ist aber noch lange kein Beweis. Es sind Signale, die man hinterfragen muss. Aber mit gesundem Menschen- verstand, Bauchgefühl und viel Kommunikation erreicht man schlussendlich das gewünschte Ziel. : Kann es eigentlich sein, dass Sie zur Schadenklä- rung den Vermittler mit ins Boot holen? Heitmann: Na klar. Der Berater kennt ja schließlich i. d. R. den Kunden besser als der Schadenregulierer. Daher ist ein Aus- tausch sehr wichtig. Diese Zusammenarbeit bei der Schaden- regulierung wollen wir künftig sogar ausbauen. Wir erleben es auch, dass Vermittler oder Makler von sich aus Hinwei- se geben, die dann zum Ermittlungserfolg führen. Sollte der Makler bei der Schadenfallmeldung seines Kunden feststel- len, dass irgendetwas nicht stimmig scheint, wäre es natürlich ideal, wenn er seinem Kunden vertraulich die Fra- ge stellt, ob er den Schadenfall wirklich einreichen möchte. Dies muss auch im Eigenin- 53 teresse des Maklers sein, denn wer hat gerne Kunden im Be- stand, die womöglich einen Versicherungsbetrug begehen? : Was kommt eigentlich alles auf einen Betrüger zu? Heitmann: Zivilrechtlich gesehen wird der Schaden natür- lich nicht gezahlt und der Vertrag i. d. R. gekündigt. Zudem muss der Betrüger die Ermittlungsaufwendungen wie u. a. Sachverständigen- oder Reisekosten zurückzahlen. Wei- terhin kann er ggf. beim GDV als Betrüger gelistet werden, wodurch andere Versicherer vorgewarnt sind. Anknüpfend daran könnte er Schwierigkeiten mit einer Anschlussdeckung erhalten. In der neuen Staffel berichten wir zudem von einem Fall, in dem jemand zahlreiche kleinere Schadenfälle einge- reicht hat und zunächst nicht ertappt wurde. Als die Person beim letzten Fall überführt wurde, startete die Polizei darauf- hin eine Umfrage unter den betroffenen Gesellschaften. Was dann auf den Betrüger zukam, kann man sich denken. Nicht vergessen werden sollte zudem: Auch strafrechtlich können auf einen Betrüger zusätzliche Probleme zukommen. << Der gebürtige Kölner Timo Heitmann hat nach Abitur, Bundeswehr und klassischer Ausbildung zum Versicherungskaufmann ein Studium zum Versicherungswesen (BA) an der TH Köln absolviert. Seit 2006 ist der inzwischen 37-jährige Heitmann bei der Gothaer und leitet seit März 2016 den Schadenaußendienst in Norddeutschland. © Elnur - stock.adobe.com
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