insider_03_2021

Brexit ausgesprochen hatten. Diese un- mittelbaren Folgen politischer Entschei- dungen hatten die Märkte schnell korri- giert. Doch ganz außer Acht zu lassen sind politische Weichenstellungen nicht. Wichtig ist, ob aus politischen Ereignis- sen konkrete Folgen resultieren. Vieles ist allerdings der Realpolitik geschul- det, d. h., auch bei einem Wahlsieg der Grünen würden wohl viele Kompromis- se geschlossen. Die sog. Sachzwänge verhindern im Zweifel die Eins-zu-eins- Umsetzung der Wahlprogramme. Mitunter besteht aber die Annahme, dass die Maßnahmen zur Umsetzung des EU Green Deals bei einer Regie- rungsbeteiligung der Grünen strenger werden könnten. „Die Bundestagswahl wird keine wesentlichen Auswirkun- gen haben, weil es keine wesentlichen Überraschungen geben wird, die für die Börsen kursrelevant wären. Politische Börsen haben kurze Beine und kein Erin- nerungsvermögen“, fasst Nikolas Kreuz , Geschäftsführer der INVIOS GmbH, zu- sammen. Für DJE-Vorstand Dr. Kaffarnik sind es nicht Wahlen, sondern die kon- junkturelle Lage verbunden mit der Situ- ation auf dem Arbeitsmarkt, die stärker über das Wohl und Wehe am Aktien- markt entscheiden. Die Grünen schlagen im Wahlprogramm vor, dass der CO 2 - Preis bereits im Jahr 2023 auf 60 Euro steigen soll. Zugleich wollen sie staatli- che Einnahmen aus dem CO 2 -Preis an die Bürger zurückgeben. Der Klimaschutz und die deutsche Wirtschaft Natürlich rückt der Klimaschutz indes im- mer weiter in den Fokus von Gesellschaft und Investoren. Doch sind wir hierzulan- de wirklich Nachzügler? „Gerade beim Klimaschutz sind deutsche Unterneh- men aber überraschend gut vertreten. Wasserstoff ist ein wichtiger Bestandteil der im vergangenen Sommer von der Bundesregierung beschlossenen Strate- gie zur ökologischen Energieerzeugung. Deutsche Unternehmen sind in allen Bereichen der Energiegewinnung ver- treten. Ob Deutschland sich für radikale Änderungen in der Klimapolitik entschei- Auswirkungen auf das Aktienmarktge- schehen. Auf welches Ergebnis soll man sich im Vorfeld der Wahl positionieren? „Droht“ uns eine grün angeführte Re- gierung? Was noch bis vor Kurzem als durchaus realistisches Szenario galt, hat zwischenzeitlich an Strahlkraft verloren. Viele Börsianer dürfte das freuen, zumal die Grünen für einige als industriefeind- lich und unliberal gelten. Fakt ist, dass diejenigen, die an einem Vermögens- aufbau interessiert sind, das kurzfristige Auf und Ab als normale Börsenbewe- gungen ansehen und aussitzen. Politi- sche Börsen könnten sogar als günstige Einstiegszeitpunkte genutzt werden. Es ist wohl eher so, dass politische Risiken dann zum Tragen kommen, wenn sich tatsächlich signifikant die Rahmenbe- dingungen für die Ökonomie verändern. Eine (noch) stärkere Regulierung oder Steuern sind hier beispielhaft zu nennen. In diesen Zusammenhang sei auch ex- emplarisch an zwei Ereignisse erinnert, die bestätigen, dass politische Börsen tendenziell keine nachhaltigen Auswir- kungen haben. Beispiele sind der Kurs- einbruch unmittelbar nach der unerwar- tetenWahl Donald Trumps 2016 und die Beinahe-Untergangsstimmung, nach- dem die Briten sich mehrheitlich für den den wird, ist nicht genau vorhersehbar, aber die Vorreiter für saubere Energie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit deutsche Unternehmen sein. Das war bei der Entwicklung von Wind- und Solarenergie auch der Fall“, sagt LOYS- Fondsmanager Markus Herrmann in ei- ner aktuellen Analyse. Eine Frage, die sich indes stellt, ist die nach der Vorteilhaftigkeit einzelner Sek- toren. Und auch hier haben die Experten eindeutige Präferenzen. Es sind in ers- ter Linie die Megatrends, die eben auch in einem langen Zeitkontext gut laufen. Demografie, Urbanisierung, Klima im Allgemeinen. „Dank des globalen poli- tischen Engagements, z. B. des ‚Green Deals‘ auf europäischer Ebene, sollten insbesondere Unternehmen profitieren, die das Thema Umwelt sowie nachhal- tiges Wirtschaften fest in ihre operativen Handlungen implementiert haben und Produkte zur Bewältigung der Klimak- rise bereitstellen“, fügt KIRIX-Vorstand Kieckebusch an. Andere Experten wie Carsten Gerlinger setzen weiter auf die Zykliker (Industrie, Chemie, ggf. Auto- mobilsektor). Verhältnismäßig günstiger bewertete Value-Aktien machen weiter Boden zu Wachstumswerten gut, die in der Vergangenheit das Rennen unange- fochten angeführt haben. Fazit: Alles in allem sprechen weiter- hin gute Gründe für deutsche Aktien. Die Rahmenbedingungen stimmen und könnten weitere Kursanstiege bewirken. Möglichen Skeptikern hält DJE-Vorstand Dr. Kaffarnik entgegen, dass der DAX mit einem 2021er-KGV von knapp 16 im historischen Kontext nicht zu hoch be- wertet ist. Die Investoren werden auch mit Blick auf die anstehende Bundes- tagswahl die Ruhe bewahren und sich an den Fundamentaldaten orientieren, die zum jetzigen Zeitpunkt durchweg positiv ausfallen. Eine grün-rot-rote Regierung ist derzeit wohl die einzige Konstellation, die als belastend einge- schätzt würde. Doch dass diese Parteien letztlich als Sieger hervortreten und die Kanzlerin/den Kanzler stellen, ist relativ ausgeschlossen. << 21

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